Benimmcode für die Festspiele
Wir erlebten im Großen Festspielhaus eine pianistische Sternstunde.
Khatia Buniatishvili spielte Schubert, Liszt und Strawinsky in einer atemberaubenden, Kopfschütteln und Begeisterungsstürme auslösenden Façon, wie man es nur in raren Momenten hören darf. Ihr samtweicher Anschlag, ihr graziles Pianissimo (etwa in Debussys „Claire de Lune“besonders delikat) kontrastierte mit der Wucht Liszt’scher Fortissimo-Staccati und den in rasendem Tempo vollzogenen Akkorden in „Mazeppa“oder der Ungarischen Rhapsodie Nr. 6.
Die unglaubliche Energie, die diese 32-jährige Georgierin aufzubieten vermag, lässt einen kaum Atem holen.
Dieses unvergessliche Erlebnis war für mich allerdings erheblich beeinträchtigt durch zwei Umstände, für die es durchaus Abhilfe gäbe:
Die Art, wie sich viele Festspielbesucher heute anziehen, zeugt von einer deprimierenden Abwesenheit einer anlassbezogenen Sensibilität, eines Gefühls für die Umgebung, die Atmosphäre und für die Höhe der Kunst, die geboten wird.
Leute in geschmacklosen T-Shirts, manchmal unter einem Sakko getragen, mit Jeans und Turnschuhen (!), als ginge man zum Frequency Festival und nicht ins Festspielhaus. Lederhosen, Karohemden, völlig unpassende, letztklassige Fetzen als Kleider. Das gilt für Männer wie für Frauen, vor allem für jüngere, aber nicht nur.
Ein Aufdruck auf der Festspiel-Eintrittskarte „Abendkleidung erwünscht“oder noch besser „Abendkleidung erforderlich“käme einem Ende dieser Geschmacklosigkeiten nahe.
Das zweite Manko sind die Handys.
Obwohl zwei Mal ersucht wurde, sie auszuschalten, und trotz des Hinweises, dass Fotografieren und Aufzeichnen verboten seien, habe ich zahllose Verstöße wahrgenommen, Frauen, die ohne Einsicht Fotos machten, eine machte ein Video.
Das Personal ist blind und taub für diese Unsitte.
Ich bin kein Moralapostel. Ich liebe die Musik und möchte nur, dass der Größe des Abends Rechnung getragen wird.
Dazu gehört die richtige Kleidung und der Verzicht aufs Handy, wenigstens. Dr. Siegfried C. Strasser 5071 Wals