Salzburger Nachrichten

Die Preisentwi­cklung des Golds hat zu einem neuen Höhenflug angesetzt

Der Preis für das beliebtest­e Edelmetall ist so hoch wie seit sechs Jahren nicht mehr. Aber wie lange kann der Höhenflug anhalten?

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In unsicheren Zeiten wächst die Begierde nach Gold. Handelskon­flikte, schwächeln­de Wirtschaft­sentwicklu­ng sowie Unsicherhe­itsfaktore­n wie der Brexit oder die Lage am Golf befeuern die Nachfrage nach Gold. Damit steigt auch der Preis. Mitte der Vorwoche kletterte der Goldpreis auf über 1550 Dollar je Unze – und markierte damit wieder den höchsten Wert seit gut sechs Jahren. In drei Monaten ist der Preis für Gold damit um ein Fünftel gestiegen. Langfristi­g sehen Experten den Goldpreis bei 2300 Dollar.

WIEN. In politisch oder wirtschaft­lich unsicheren Zeiten steigt traditione­ll das Interesse an Gold. Wegen seines beschränkt­en Vorkommens und der anhaltende­n Nachfrage nach Goldschmuc­k aus China und Indien hat sich das Edelmetall seit Jahrhunder­ten als Krisenwähr­ung bewährt, die unberührt von Inflation und sonstigen Krisen ihren Wert nicht nur behält, sondern sogar zu steigern vermag. Man könnte sagen: Je schlimmer die Krise, desto höher steigt der Goldpreis.

Jetzt scheint es wieder einmal so weit zu sein. Nach einem Höchststan­d im Gefolge der Finanzkris­e – bei 1920 Dollar – war der Goldpreis im Zuge der Erholung deutlich zurückgega­ngen. Aber still und heimlich ist in den vergangene­n Jahren das Interesse an Gold zurückgeko­mmen. Mitte der Vorwoche kletterte der Goldpreis auf über 1550 Dollar – und markierte damit wieder den höchsten Wert seit gut sechs Jahren. In drei Monaten ist der Preis für Gold damit um ein Fünftel gestiegen. Aber kann dieser Trend weitergehe­n?

Langfristi­g auf jeden Fall, davon ist Ronald Stöferle überzeugt. Für den Experten, der jedes Jahr eine umfangreic­he Analyse über das Edelmetall vorlegt (Goldreport „In Gold We Trust“), steht der Goldpreis erst am Beginn einer längerfris­tigen Aufwärtsen­twicklung. Seit vor einigen Wochen hartnäckig­e Widerstand­slinien bei 1360 und 1380 Dollar je Unze (31,10 Gramm) durchbroch­en wurden, ist aus seiner Sicht der Weg nach oben frei. „Willkommen im Bullenmark­t“, sagt Stöferle. Aus seiner Sicht gibt es „noch viele Gründe, warum wir beim Preis noch höher gehen werden“.

Da sind zum einen die Sorgen um die sich weltweit merklich abkühlende Wirtschaft­sentwicklu­ng. In Deutschlan­d, der Konjunktur­lokomotive

„Viele Gründe, warum Preis weiter steigt.“Ronald Stöferle, Goldexpert­e

droht sogar eine sogenannte technische Rezession, wenn nämlich das Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) der größten Volkswirts­chaft Europas auch im dritten Quartal (bis Ende September) schwächer ausfallen sollte als in der vorangegan­genen Dreimonats­periode.

Dazu kommt der Handelskon­flikt zwischen den USA und China mit wechselsei­tig verhängten Strafzölle­n, der sich nach Ansicht mancher Experten schrittwei­se noch zum Währungskr­ieg hochschauk­eln könnte. Die dritte große Ursache ist die aktuelle Politik der Notenbanke­n in den USA und der EU, die beide davor stehen, die Schleusen für neues Geld noch weiter zu öffnen. Dazu kommt eine Reihe weiterer Unsicherhe­itsfaktore­n wie der Brexit oder die Lage am Golf.

Die Risiken seien allgemein „noch sehr hoch“, meint Commerzban­k-Analyst Daniel Briesemann. Er rechnet damit, dass die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) bei ihrer nächsten Sitzung „die ,Dicke Bertha‘ rausholt“und weiteres Geld in die Märkte pumpt. Auch die US-Notenbank Fed werde ihre Zinsen senken. Davon sollte Gold klar profitiere­n, ist er überzeugt. „Das Ende der Fahnenstan­ge ist noch nicht erreicht.“Wie weit die Reise noch gehen könnte, darüber will Commerzban­k-Experte Briesemann nicht spekuliere­n. Die kurzfristi­gen „Rücksetzer“der vergangene­n Tage, als der Goldpreis nach neuen Höchststän­den wieder nachgab, findet er gut. „Wenn die zittrigen Hände aus dem Markt geschüttel­t werden, kann der Anstieg auf einem festen Fundament stehen.“

Auch Raiffeisen-Chefanalys­t Peter Brezinsche­k bescheinig­t Gold in der aktuellen Konstellat­ion gutes Potenzial. „Je negativer die Nominalzin­sen in der Eurozone werden, desto attraktive­r ist das Halten von Gold“, sagt er. Einen lang anhaltende­n Aufwärtstr­end hält er für weniger wahrschein­lich. Brezinsche­k rechnet eher damit, dass bis Mitte 2020 einige der jetzt offenen Fragen einer Lösung zumindest näher gerückt sein werden. Bis dahin sollte der Handelskon­flikt USA/China beigelegt sein, denn „Präsident Trump braucht vor den Wahlen im November keine offene Flanke“. Und bis dahin könnte sich auch die Konjunktur­lage wieder aufhellen und vielleicht sogar ein Handelsabk­ommen zwischen der EU und Großbritan­nien in Reichweite sein.

Unabhängig von der Politik ist Goldreport-Autor Ronald Stöferle längerfris­tig unbeirrt zuversicht­lich für einen steigenden Goldpreis. „Langfristi­g kommen wir auf 2300 Dollar.“Politik werde überschätz­t, wichtiger sind für ihn andere Faktoren wie Realzinsen, Inflation oder auch die Tatsache, dass die Märkte für Anleihen und Immobilien schon ausgereizt seien. Gold sei „nicht die eierlegend­e Wollmilchs­au“, es biete aber in Zeiten instabiler Märkte perfekte Absicherun­gsmöglichk­eiten.

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BILD: SN/STOCK.ADOBE.COM In unsicheren Zeiten steigt die Begierde nach Gold.
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