Kunst fällt nicht vom Himmel
Ars Electronica, Klangwolke und Brucknerfest machten Linz am Wochenende zum Besuchermagnet. Anlass zur Sorge gibt die Kulturpolitik.
Was Linz an diesem Wochenende geboten hat, rechtfertigt auch zehn Jahre nach 2009 den Titel „Kulturhauptstadt“: Ars Electronica, Brucknerfest-Eröffnung und eine Musical-Premiere. Dazu lockte die visualisierte Klangwolke schätzungsweise doppelt so viele Besucher wie alle heurigen Opernübertragungen auf dem Salzburger Kapitelplatz.
Doch gab es neben dem bunten Treiben auch kritische Töne: Die Kulturplattform Oberösterreich, kurz: Kupf, wetterte nicht bloß gegen die an den Motorradhersteller KTM gewährte Kulturförderung, sondern gegen Kürzungen für die Freie Szene, die seit dem Landeshauptmann-Wechsel spürbar sind.
Die Strahlkraft des Linzer Wochenendes passt in den Trend zum Event. Wer in kurzer Zeit viele Menschen samt Medien und internationaler Aufmerksamkeit mobilisiert, ist bei Politikern beliebt. Im Trend zur Eventisierung wird leicht vergessen: Ein Wochenende wie dieses ist nur nach jahrzehntelangem Aufbau möglich. Erst unlängst wurden ins Ars Electronica Center wieder vier Millionen Euro investiert. Und nur in einem breiten Feld können Talente heranwachsen. Daher nützte es Institutionen, wenn es eine lebendige Freie Szene und ehrenamtliche Initiativen auf dem Land gibt. Oder: Das Musik-Renommee basiert auf den vorbildlichen oberösterreichischen Musikschulen, auf Orchester, Festival und Konzerthaus, die den Namen Anton Bruckners tragen, sowie auf dem im Ganzjahresbetrieb geführten Musiktheater. All dies erfordert komplexe Strategien, ein Zusammenwirken von Bildungs- und Produktionseinheiten, eine anspruchsvolle Personalpolitik und eine kluge Subventionspolitik.
Eh klar? Keineswegs. Wer hat zum Beispiel im jetzigen Wahlkampf je das Wort „Kunst“vernommen? Und die jetzige Übergangsregierung hätte bei ihrem Anfang auf Kunst und Kultur vergessen, wären diese nicht still und leise im Gesetz gestanden.
Wenn, dann wird in diesem Wahlkampf über Bildung geredet – sei es, dass sie im Kindergarten beginnen müsse oder dass Schulen mehr Deutschkurse bräuchten. Beides ist wichtig. Doch dass Kunst und Kultur als stete humanistische Aus- und Weiterbildung ebenso wichtig und folglich eine zu gestaltende Staatsaufgabe sind, geht mehr und mehr verschütt. Das Schöne an Linz ist, dass am Wochenende auch dazu ein Mahner seine Stimme erhob: „Architektur zu verstehen setzt Wissen und daher Bildung voraus“, sagte der Architekt Wolf Prix in seiner Rede zur Eröffnung des Brucknerfestes.