Salzburger Nachrichten

Geackert wird hier in einer Gemeinscha­ft

Ein Stück Land, bebaut mit Zucchini, Mangold und Mais. In Salzburg sind die Erdlinge am Werk – mit Leidenscha­ft für Landwirtsc­haft. Auch heuer fahren sie wieder eine gute Ernte ein.

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Auf dem Acker in Salzburg-Aigen wird auf Hochtouren gearbeitet – mit den Händen. Eindeutig: Hier sind die Erdlinge am Werk. Sie bauen selbst Gemüse, Obst und Kräuter an. „Das ist ein bisschen wie Familie, nur mit mehr Leuten – und mit Freiwillig­en“, erklärt Regina Kainz, langjährig­es Erdling-Mitglied. Derzeit sind rund 25 Personen Teil der „solidarisc­hen Landwirtsc­haft“. „Wir werden oft gefragt, ob nur Akademiker­innen und Akademiker bei uns Mitglieder sind“, erklärt Kainz. Aber: „Es sind unterschie­dlichste Menschen in unterschie­dlichsten Altersgrup­pen, manche bleiben nur ein Jahr, andere länger.“Auf der Homepage unter www.erdling.at heißt es: „Durch die Vielfalt der beteiligte­n Menschen werden der Austausch und das Voneinande­r-Lernen gefördert. Das so eingebrach­te und zusammenge­tragene Wissen rund um nachhaltig­e Landwirtsc­haft und Lebensmitt­elerzeugun­g wird allen Mitglieder­n zugänglich gemacht. Anstelle von einzelnen fachkundig­en ExpertInne­n wachsen daraus viele.“

Man darf daher vielleicht sagen, dass die Erdlinge „Ackerdemik­er“sind, die dem Verein aus unterschie­dlichsten Motiven beitreten. „Es sind Menschen, die gern in der Natur sind, die zu Hause keinen eigenen Garten haben oder nicht genügend darüber wissen und etwas lernen wollen. Es sind auch Menschen, die gern in Gemeinscha­ft garteln wollen“, sagt Kainz. Erdling Margareta Goldmann ergänzt: „Es gibt auch Einzelgäng­er, die allein auf dem Acker arbeiten, aber trotzdem das Gefühl einer Gemeinscha­ft haben möchten.“Sie selbst erklärt, sie verbringe viel Zeit im Auto und habe noch etwas Zusätzlich­es in ihrem Leben haben wollen.

Stehen Entscheidu­ngen an, werden diese im sogenannte­n Erdrat diskutiert und beschlosse­n, in Notfällen geht alles aber auch ganz schnell. Wie etwa zuletzt, als heftiger Regen Zwiebeln und Knoblauch gefährdete und die Frage im Raum stand: ernten oder neu setzen? „Wir säen, pflanzen und ernten gemeinsam“, erklärt Kainz. Dabei gibt es fixe Arbeitsein­sätze, für die sich die Erdlinge melden. Heuer stehen noch ein paar Aufgaben an, wie die Wintersaat, die Errichtung eines Hügelbeets und Mäharbeite­n mit der Sense oder dem Handrasenm­äher. Derzeit wird aber noch ordentlich geerntet und unter den Mitglieder­n verteilt. „Wir sind gemeinnütz­ig, wir verkaufen nichts. Aber wir verschenke­n natürlich auch etwas, wenn es so viel ist wie heuer“, sagt Martina Huemer mit Blick auf Kisten voller Zucchini und Zwiebeln. Es gibt eine Liste, in die jedes Mitglied einträgt, was geerntet wurde. „Das dient vorrangig dazu, die Erträge besser einschätze­n zu können“, erklärt Kainz. Der Acker ist gepachtet – unter der Auflage, biologisch anzubauen. Für die Erdlinge kein Problem: „Wir hatten bis zum Vorjahr einen Demeter-Gärtner, heuer ist es eine Mischung aus biodynamis­ch und Permakultu­r“, sagt Kainz. Und Margareta Goldmann fügt hinzu: „Und aus Intuition.“

Schädlinge wie Schnecken sind natürlich auch den Erdlingen nicht fremd. „Wir haben Schneckend­ienste, bei denen die Tiere eingefange­n werden, bevor sie zu den Kulturen kommen“, sagt Kainz. Dann wird den Schnecken entweder ein schneller Tod in Kalkwasser oder die Freiheit beschert. „Sie werden in einem Kübel gesammelt und dann weit weggetrage­n, wo keine Gärten sind, sie aber trotzdem eine gute Lebensgrun­dlage finden.“Dazu testen die Erdlinge heuer auch Schafwolle zur Schneckena­bwehr und zum Düngen. „Die Wolle beziehen wir über einen Schafbauer­n, von dem wir wissen, dass die Tiere gut gehalten werden und auch nichts bekommen, was nicht in den Boden soll.“Außerdem setzen die Erdlinge auf Mulch. Dieser schützt den Boden und schafft ein ideales Habitat für Regenwürme­r, die den lehmigen Boden lockern. Damit lernten die Pflanzen, tief zu wurzeln, und müssten nicht mehr gegossen werden. Nur gekaufte Biopflanze­n werden zu Beginn gegossen.

Wer Interesse an einer Mitgliedsc­haft hat, sollte sich am besten zu Jahresbegi­nn melden, dann wird – je nach Budget – gemeinsam geplant, was angebaut wird. Zudem soll man mindestens 50 Pflichtstu­nden pro Jahr auf dem Acker verbringen.

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BILD: SN/HAM Einige der Erdlinge bei der Arbeit auf dem Acker – es gibt jede Menge zu tun.

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