Von guter Stimmung ist nichts zu spüren
In Belfast will Bundestrainer Löw sein Team schnell wieder in die Spur bringen. Die Debatte um einen Ex-Weltmeister sorgt für Störgeräusche.
Mit schweren Rucksäcken bestiegen die deutschen Nationalspieler ihren schwarzen Sonderflieger. Auch Joachim Löw kam mit ganz viel Ballast in Belfast an. Plötzliche EM-Sorgen, neue Taktikzweifel und dann auch noch die nach dem Abwehrchaos gegen Holland wiederaufgeflammte Debatte um den aussortierten Mats Hummels machen das EM-Qualifikationsspiel in Nordirland heute, Montag, zu einer unerwartet harten Bewährungsprobe. Im ungemütlichen Windsor Park will Löw die nach dem herben 2:4-Dämpfer gegen die Niederlande schlagartig wieder aufgekommene Kritik an seinem Erneuerungskurs unbedingt schnell verstummen lassen.
„Wir werden, da bin ich mir sicher, eine Reaktion zeigen“, versprach der Bundestrainer. Wie fragil sein Reformprozess mit der jungen deutschen Fußball-Nationalmannschaft nach dem WM-Desaster weiterhin ist, hatte Löw durch die Oranje-Pleite deutlich zu spüren bekommen.
„Jetzt ist natürlich ein bisschen Druck da. Wir haben ein großes Spiel.“
Das gute Sommergefühl nach zuvor drei Siegen in drei Spielen war nach nur einem Negativerlebnis ganz schnell verflogen.
Den Fokus lenkte der 59-Jährige daher ganz bewusst weg von den Aufregerthemen um diskutable Einwechslungen und den von vielen reflexartig als Problemlöser genannten Ex-Weltmeister Hummels. „Dazu ist alles gesagt“, war Löws klare Antwort.
Die Besonderheit des Nordirland-Duells im plötzlich ungewollt wieder spannenden Kampf um ein EM-Ticket haben auch die Nationalspieler erkannt. „Jetzt ist natürlich ein bisschen Druck da. Jetzt haben wir wieder ein großes Spiel. Wir müssen die Köpfe oben behalten, weiter positiv bleiben und in Belfast einen Neuen raushauen“, forderte BVB-Kapitän Marco Reus.
Obwohl Löw den britischen OldSchool-Stil nicht mag, wird er sein Team natürlich speziell darauf vorbereiten. Mit einer deutlich offensiver ausgerichteten Taktik als dem Abwartefußball gegen Holland sollen drei fest eingeplante Punkte geholt werden. „Die spielen wahnsinnig körperlich robust. Sie spielen viele lange Bälle, darauf müssen wir uns einstellen“, sagte Löw. In Belfast, wo Deutschland seit 37 Jahren nicht verloren hat, braucht Löw ganz schnell freie Spielerköpfe. „Es hat uns schon gezeigt, dass wir da noch nicht reif genug sind“, monierte Joshua Kimmich die vier Gegentore in 32 Minuten in der miserablen zweiten Halbzeit gegen die Niederlande. Große Hoffnungen ruhen für den erhofften Offensivwirbel in Belfast auf Serge Gnabry, der gegen die Niederlande nicht nur bei seinem Tor demonstrierte, dass er die nach der Verletzung von Leroy Sané vakante Rolle als Topangreifer übernehmen kann.