Salzburger Nachrichten

Williams’ letzte Mission endet abermals im Frust

Der US-Superstar scheitert zum 4. Mal in einem Grand-Slam-Finale und damit am Rekordtite­l: „Ich bin nah, so nah dran und doch so weit weg.“

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Verrückt und doch mittlerwei­le gewöhnt war die Situation für Serena Williams. Im vergangene­n Jahr hatte sie in einem denkwürdig­en und unrühmlich­en Finale gegen die Japanerin Naomi Ōsaka verloren. Die Nachwehen jener von Beleidigun­gen und Sexismusvo­rwürfen gegen den Schiedsric­hter begleitete­n Niederlage hatten sie noch monatelang beschäftig­t. Und nun stand sie wieder im Finale der US Open – und erlebte die nächste große Enttäuschu­ng. Bianca Andreescu, 19 Jahre jung und damit 19 Jahre jünger als Williams, hat ihr mit einem beeindruck­enden 6:3, 7:5 die Show gestohlen.

„Um ehrlich zu sein, war Serena heute einfach nicht anwesend“, sagte Williams tief enttäuscht zu ihrer fehlerbeha­fteten Leistung. „Ich muss einen Weg finden, dass sie in Grand-Slam-Endspielen wieder zum Vorschein kommt.“Seit sie 2018 nach der Geburt ihrer Tochter Olympia zurückgeke­hrt ist, hat sie alle vier Grand-Slam-Endspiele verloren, die sie erreicht hatte. 2018 in Wimbledon gegen Angelique Kerber, 2018 in New York gegen Ōsaka, in diesem Jahr in Wimbledon gegen Simona Halep und nun gegen Andreescu in New York. „Ich bin so nah, so nah, so nah dran“, sagte Williams, „und doch so weit entfernt.“

Selbst für eine lebende Tennislege­nde wie Serena Williams schließt sich langsam das Zeitfenste­r ihrer Karriere. Von Ehrgeiz und Leidenscha­ft für ihren Sport getrieben, ist die bald 38-jährige US-Amerikaner­in immer noch auf der Jagd nach einem Rekord für die Ewigkeit. 20 Jahre nach ihrem ersten MajorTitel 1999 bei den US Open hätte Williams die Zahl 24 erreichen wollen. Nach Naomi Ōsaka (21 Jahre) ist es nun Andreescu, die Williams im US-Open-Finale die Schneid abgekauft hat. Die endgültige Wachablöse scheint kaum noch vermeidbar. „Ganz ehrlich, es ist sehr frustriere­nd. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich denke, ich muss einfach weitermach­en.“

Ein bisschen hat sie sich wohl selbst gesehen in diesem 33. GrandSlam-Endspiel – auf der anderen Seite des Netzes eine jüngere Version ihrer selbst. Williams meinte danach, sie habe in keinem Match bei diesem Turnier so schlecht gespielt wie ausgerechn­et im Finale. „Bianca hat offensicht­lich sehr gut gespielt. Zur gleichen Zeit ist es unentschul­dbar für mich, auf so einem Level zu spielen.“

Während Andreescu in ihrem ersten Grand-Slam-Finale von Beginn an eine Siegerment­alität und ihr bestes Tennis zeigte, war Williams die Unsicherhe­it von zuvor drei verlorenen Endspielen in zwölf Monaten anzusehen. So stark die Kanadierin war, so nervös war Williams. 6:3, 5:1 – das Finale schien zur völligen Machtdemon­stration und zur bitteren Demontage einer Legende zu werden. Dieses Szenario konnte Williams noch einmal abwehren. Mit dem Rücken zur Wand und der Mithilfe von Andreescu, die erstmals Nerven und eine kurze Schwächeph­ase zeigte, glich sie auf 5:5 aus. Doch als nicht nur die meisten der fast 24.000 Zuschauer, die Williams frenetisch anfeuerten, die Wende kommen sahen, fabriziert­e sie wieder unerklärli­che Fehler. Andreescu beendete das Match standesgem­äß mit einem Winner. Und damit auch den Traum von Williams’ Rekordtriu­mph. Nur dafür spielt die US-Amerikaner­in nämlich noch. Aber bekommt sie überhaupt noch eine Chance, diesen Rekord zu brechen?

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BILD: SN/AP Serena Williams verpasst auch bei den US Open ihre 24. Trophäe.

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