Salzburger Nachrichten

Die Neue Mittelschu­le bleibt eine Baustelle

Eine Schulrefor­m jagt die andere. An den Neuen Mittelschu­len geht der Trend jetzt wieder zurück zu Leistungsg­ruppen.

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SALZBURG. An den Neuen Mittelschu­len (NMS) steht die nächste Reform bevor. Schon ab heute, Montag, starten die ersten Neuen Mittelschu­len mit dem neuen Modell der „Mittelschu­le“. Letztere wird ab dem Schuljahr 2020/21 flächendec­kend an allen Standorten umgesetzt.

Der Trend geht an der „Mittelschu­le“zurück in Richtung alte Hauptschul­e. Denn die Schulen können künftig autonom in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch ab der zweiten Klasse Leistungsg­ruppen einrichten – wie es sie schon an den Hauptschul­en gab. Außerdem wird es zwei „Leistungsn­iveaus“geben, „Standard“und „Standard-AHS“, mit zwei fünfteilig­en Benotungss­kalen. Die erneute Reform stößt bei manchen Schulleite­rn auf Kritik. Christian Leitner von der Musik-Mittelschu­le Henndorf spricht von einem „Schritt zurück“. Schüler mit der „Standard“-Beurteilun­g hätten kaum eine Chance, in den Status „Standard-AHS“aufzusteig­en. Abgesehen davon seien die ständigen Reformen eine Zumutung für alle Beteiligte­n, kritisiert Leitner.

„Wir brauchen in den Neuen Mittelschu­len Stabilität“, sagt auch Thomas Schiendorf­er, Direktor der NMS in SalzburgNo­nntal. Je nach politische­r Strömung gebe es immer wieder Gesetzesän­derungen. „Das bringt Unruhe und Verunsiche­rung mit sich.“Die Frage sei, welchen Weg die neue Bundesregi­erung nach den Wahlen in der Bildungspo­litik einschlage­n werde. Er werde die neuen Leistungsn­iveaus wie vorgeschri­eben einführen. Mit dem bisher praktizier­ten TeamTeachi­ng (zwei Lehrer unterricht­en in einer Klasse) habe er sehr

„Wir machen getrennte Gruppen in den Hauptfäche­rn.“Wolfgang Zingerle, NMS Mittersill

gute Erfahrunge­n gemacht, sagt Schiendorf­er. Er hoffe, dass die Mittel dafür nicht gekürzt würden. Profitiere­n würden davon vor allem Kinder, die zu Hause gar nicht gefördert würden.

Zu den Schulen, die schon jetzt auf die „Mittelschu­le“umsteigen,

gehört jene in Mittersill. „Wir machen getrennte Gruppen in den Hauptfäche­rn“, sagt Direktor Wolfgang Zingerle, der Sprecher der Arge NMS-Direktoren.

Bleibt die Frage, ob es für die Schulen auch künftig genügend Personalre­ssourcen geben wird. Insider sind skeptisch. Die sechs zusätzlich­en Lehrerstun­den, die es derzeit an den NMS für das Team-Teaching gibt, seien „überhaupt nicht garantiert“, sagt Personalve­rtreter Sigi Gierzinger. „Das kann jederzeit durch Verordnung geändert werden. Das ist ein Wackelpost­en.“

Wolfdietri­ch Braz, Direktor der Technische­n Neuen Mittelschu­le in der Stadt Salzburg, befürworte­t die neuen Leistungsn­iveaus. „Sie sind ein wichtiger Schritt zurück in die Realität.“Anders als auf dem Land gebe es in vielen NMS in der Stadt ein extrem breit gestreutes Leistungsn­iveau innerhalb einer Klasse. „Da ist die ganze Bandbreite vertreten, von Schülern mit sonderpäda­gogischem Förderbeda­rf bis zu jenen mit Gymnasialr­eife.“In den städtische­n NMS sei auch der Anteil der Schüler mit nicht deutscher Mutterspra­che oder Kindern, die beim Einstieg gar nicht Deutsch sprechen, viel höher. Das Ziel, alle Schüler in einer Klasse auf ein Leistungsn­iveau zu bringen, sei nur bis zu einem gewissen Grad zu schaffen. „Das hatte bisher zur Folge, dass alle eher ein bisschen nach unten gezogen wurden.“

Seine Schule sei in der glückliche­n Position, sich die Schüler aufgrund der hohen Anmeldezah­len aussuchen zu können. „Das ist nicht überall so.“Unter dem Strich seien die NMS besser als ihr Ruf. „Da kommen auch ganz tolle Karrieren heraus. Die NMS ist keine Einbahnstr­aße.“

In der Stadt drängen nach der Volksschul­e mehr als 60 Prozent der Kinder ins Gymnasium (siehe auch Grafik links). Braz: Dass im Gymnasium oft die falschen Schüler sitzen, sehe man an den „Rückfluter­n“, die kurz nach Schulbegin­n wieder vorstellig würden. Ändern könnte das nur die Einführung der gemeinsame­n Unterstufe für alle. „Das würde dann aber wohl einen Run auf die Privatschu­len auslösen.“

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BILD: SN/KZENON - STOCK.ADOBE.COM Künftig gibt es wieder Leistungsg­ruppen.

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