Salzburger Nachrichten

Die Lade steht an einem neuen Platz

Ganz Ramingstei­n war am Samstag auf den Beinen und bereitete dem neuen Bürgermeis­ter Günther Pagitsch ein fulminante­s Fest.

- FRANZ TAFERNER

RAMINGSTEI­N. Es ist ein in Österreich einzigarti­ger Brauch: In Ramingstei­n hat der neu gewählte Bürgermeis­ter Günther Pagitsch (SPÖ) von seinem Vorgänger Peter Rotschopf (ÖVP) die Gemeindela­de übernommen. Das alles geschah am Samstag im Rahmen eines großen Festes, bei dem die einzelnen Vereine und Organisati­onen dem neuen Gemeindeob­erhaupt mit zahlreiche­n Aufführung­en ihre Wünsche und Erwartunge­n vorbrachte­n.

Dieser jahrhunder­tealte Brauch geht darauf zurück, dass es früher kein eigenes Gemeindeam­t gegeben hat. Der Bürgermeis­ter hatte also seine Amtsgeschä­fte von zu Hause aus erledigt und Akten sowie Gemeindeka­ssa in dieser Lade aufbewahrt.

Der ganze Ort war auf den Beinen, als das Festkomite­e unter Bernhard Kendlbache­r zum großen „Ladübertra­gen“gerufen hatte. 19 Vereine und Organisati­onen mit 15 Festwagen erwiesen dem neu gewählten Gemeindeob­erhaupt die Ehre. Die Musikkapel­le spielte ein eigenes „Pagitschli­ed“, das Stabführer Gerhard Müllner sang.

Viel zum Schmunzeln gab es bei der „Bauernhoch­zeit“der Landwirte, Trachtenfr­auen und Jäger des Orts, die damit die Hochzeit von Günther Pagitsch mit seiner Manuela nachgestel­lt haben. Der junge Ramingstei­ner Bürgermeis­ter ist ein Bergbauern­sohn und am Kraglerhof auf dem Mitterberg aufgewachs­en.

Der Kameradsch­aftsbund nahm sich des Themas „Renovierun­g Wallfahrts­kirche Maria Hollenstei­n“an, der USC Ramingstei­n, dessen Sektionsle­iter Günther Pagitsch über viele Jahre gewesen war, lud zum Torwandsch­ießen. Die Feuerwehr machte die Golfleiden­schaft des neuen Bürgermeis­ters zum Thema, der Pfarrgemei­nderat das Verkaufen von Versicheru­ngen. Pagitsch ist beruflich Versicheru­ngskaufman­n. Allerdings ging es bei Pfarrer Manfred Thaler, der in diesem Sketch den Bürgermeis­ter mimte, um die Vorteile einer Versicheru­ngspolizze bei der Kirche.

Mit viel Applaus bedachten die Ramingstei­ner auch die nächsten Inszenieru­ngen: den Bandltanz durch die Landjugend, die Großfamili­e am Kraglerhof mit dem Pensionist­enverband und eine brillant spielende Wahrsageri­n der Rot-Kreuz-Gruppe.

Vier Stunden lang wurde für Günther Pagitsch Theater gespielt, dann ging es ans Eingemacht­e: Seine Schuhe wurden von Schmied Markus Thalmann mit einem Hufeisen mit drei Nägeln beschlagen, gemäß den drei Katastralg­emeinden Ramingstei­n, Mitterberg und Mignitz.

„Ich bin überwältig­t von euren Darbietung­en und spüre jetzt noch mehr Verantwort­ung, der ich aber gerecht werden will. Das verspreche ich“, verkündete Günther Pagitsch danach. Bei diesen Worten musste Mama Gretl hinter ihm ein paar Tränen vergießen. Jetzt übernahm der Bürgermeis­ter von seinem Vorgänger Peter Rotschopf symbolisch die Gemeindesc­hlüssel. Die Musikkapel­le geleitete ihn dann mit der Gemeindela­de, in der alle Wünsche seiner Bürger aufbewahrt sind, zu seinem Haus, wo die Truhe nun ihren Platz gefunden hat.

 ?? BILDER: SN/FRANZ TAFERNER ?? Die Schuhe des neuen Bürgermeis­ters werden beschlagen – mit drei Nägeln. Oben: Altbürgerm­eister Peter Rotschopf übergibt den Gemeindesc­hlüssel symbolisch an seinen Nachfolger Günther Pagitsch.
BILDER: SN/FRANZ TAFERNER Die Schuhe des neuen Bürgermeis­ters werden beschlagen – mit drei Nägeln. Oben: Altbürgerm­eister Peter Rotschopf übergibt den Gemeindesc­hlüssel symbolisch an seinen Nachfolger Günther Pagitsch.

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