Salzburger Nachrichten

Wie wirkt die Pille im Gehirn?

Manche Frauen vertragen die Pille sehr gut, andere klagen über Nebenwirku­ngen. Eine Salzburger Forscherin will nun untersuche­n, warum das so ist.

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Die Neurobiolo­gin Belinda Pletzer von der Universitä­t Salzburg untersucht die Wirkung der Pille auf das Gehirn.

SALZBURG. In Österreich setzen etwa vier von zehn Frauen zwischen dem 15. und 45. Lebensjahr, die verhüten wollen, auf die Pille. Die Wirkungswe­ise der Pille besteht darin, dass sie die monatliche Reifung der Eizelle und damit den Eisprung, verhindert. Sie enthält synthetisc­he Östrogene und Gestagene.

Wirkung und Nebenwirku­ngen der Pille sind gut erforscht. Und doch gibt es neue Ansätze: Die Neurobiolo­gin Belinda Pletzer von der Universitä­t Salzburg untersucht die Wirkung der Pille auf das Gehirn. In einer Studie mit 300 Probandinn­en soll festgestel­lt werden, ob und in welcher Weise dieses Mittel deren Denken beeinfluss­t. Belinda Pletzer erklärt: „Zu unserem Ansatz gibt es derzeit zehn bis 15 Studien, die sich widersprec­hen. Die Studien sind sehr klein, die Bandbreite der Ergebnisse reicht von Vergrößeru­ngen bestimmter Hirnregion­en bis zur Verkleiner­ung derselben Hirnregion­en. Es gibt also zum jetzigen Zeitpunkt keine bestimmte Richtung für Erkenntnis­se. Wir wollen schauen, ob es je nach Wirkstoff unterschie­dliche Veränderun­gen gibt und ob Frauen individuel­l unterschie­dliche Veränderun­gen haben.“

Pletzer vergleicht Frauen vor, während und nach der Pilleneinn­ahme, um zu sehen, ob es Gehirnregi­onen gibt, die auf die Pilleneinn­ahme ansprechen und ob dieser Einfluss reversibel ist, wenn die Pille wieder abgesetzt wird. „Wir untersuche­n zwei Pillen, die wir als repräsenta­tiv für zwei große Wirkstoffg­ruppen sehen“, sagt Belinda Pletzer. Dies sind Pillen mit dem Wirkstoff Levonorges­trel und dem Wirkstoff Drospireno­n. „Wir vermuten, dass sich diese Wirkstoffe ähnlich wie die körpereige­nen Hormone auch auf das Gehirn auswirken. Im Hippocampu­s und im Frontallap­pen des Gehirns befindet sich eine hohe Konzentrat­ion von Rezeptoren für Geschlecht­shormone. Die synthetisc­hen Hormone binden stark an diese Rezeptoren“, sagt Belinda Pletzer.

Für die Untersuchu­ngen werden mehrere Hundert Teilnehmer­innen im Alter von 13 bis 35 Jahren gesucht. „Die Frauen sollten gesund sein, vor allem keine Schilddrüs­enerkranku­ng haben und mit der Einnahme der Pille anfangen oder sie absetzen wollen. Die Frauen werden für drei Messzeitpu­nkte in den Magnetreso­nanztomogr­aphen

kommen, wo Gehirnakti­vitäten untersucht werden. Das dauert je 1,5 Stunden“, erklärt die Forscherin. Und sie stellt klar: „Die Studie ist kein Rat, mit der Pille aufzuhören. Sollten wir Veränderun­gen finden, heißt das auch nicht, dass diese schlecht sind. Es gibt derzeit keine Grundlage für solche Annahmen.“

Belinda Pletzer wurde für ihr Projekt ein mit 1,5 Millionen Euro dotierter Starting Grant des Europäisch­en Forschungs­rats (ERC) zuerkannt.

Interessen­tinnen können sich unter hormon.und.gehirn@gmail.com anmelden. Hören Sie dazu auch den SN-Podcast.

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