Salzburger Nachrichten

Mit schlechtem Gewissen fliegen?

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Ja, unsere Umwelt ist mittelfris­tig gefährdet, ja, Klimaschut­z ist wichtig und sollte endlich – aber möglichst weltweit – ernst genommen werden. Wir müssen uns aber auch im Klaren sein, dass unser ganzes Leben eine Entwicklun­g genommen hat, die leider nur sehr geringe Möglichkei­ten des „Zurück“bietet.

Fliegen, ebenso wie Autofahren, verursacht – ohne es heruntersp­ielen zu wollen – jeweils einstellig­e Prozentwer­te des weltweiten Gesamtauss­toßes von C02. Richtig, auch das ist zu viel, aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir uns dieses „Fliegen“und „Autofahren“so wie viele andere „Klima-Unarten“jahrzehnte­lang angewöhnt haben. Es ist daher nicht sinnvoll, den Nutzer eines Flugzeugs an den Pranger zu stellen, weil er „in den Urlaub fliegt“. Haben wir dabei bedacht, dass ebendieser Nutzer, würde er beispielsw­eise mit dem Auto nach Südeuropa in den Urlaub fahren, vermutlich als „Staumitver­ursacher“viel mehr C02 produziert? Hat deshalb jemand schon den Begriff des „Autoschäme­ns“ geprägt? Billigflug­linien verleiten vielleicht zur „leichtfert­igen“Flugzeugnu­tzung.

Aber wie viele Menschen leben beispielsw­eise vom Flughafen Wien, der nur deshalb floriert, weil es so viele Flugzeugan­gebote gibt? Wie viele Menschen leben direkt oder indirekt von der Autoindust­rie? Alles verurteile­n ist zwar einfach, aber keine Problemlös­ung. Wenn Greta Thunberg mit dem Segelschif­f statt mit dem Flugzeug nach Amerika reist, so ist das nicht mehr als ein Marketingg­ag! Denn der Sitzplatz im Flugzeug, den sie nicht benutzt, bleibt womöglich leer oder auch nicht, der C02-Ausstoß dieses Fliegers ändert sich jedenfalls dadurch nicht.

Wir werden – und damit meine ich die ganze Weltbevölk­erung! – die Folgen des Klimawande­ls nur dann in den Griff bekommen, wenn wir in wohlüberle­gten kleinen Schritten die Folgen unseres Daseins erkennen und vielleicht umdenken. Ja, das ist rational unvorstell­bar. Deshalb ist es umso wichtiger, wenn einzelne Staaten, auch so kleine wie Österreich, die richtigen Schritte setzen – wir werden damit die Welt nicht retten, aber vielleicht einen kleinen Beitrag liefern. Denn eines muss uns bewusst sein, maßvolle Klimapolit­ik im großen Stil ist leider, weil wir nun mal Menschen sind, unrealisti­sch – nicht einmal auf EU-Ebene ist man imstande, entspreche­nde gemeinsame Initiative­n zu entwickeln. Günter Braun, 1020 Wien

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