Salzburger Nachrichten

Insekten statt Soja an Tiere verfüttern

Deutschlan­ds größter Geflügelpr­oduzent will seine Hühner künftig mit Insektenme­hl füttern – und hat dafür EU-Zulassung beantragt. Auch in Österreich tüftelt man am Thema. Bisher landet hier erzeugtes Insektenme­hl nur im Hundefutte­r.

- REGINA REITSAMER

Deutschlan­ds größter Geflügelpr­oduzent will seinen Hühnern künftig Insektenme­hl verfüttern – und hat dafür eine EU-Zulassung beantragt. Auch in Österreich tüftelt man bereits an dem Thema.

ANTIESENHO­FEN. In manchem Szenelokal haben sie ihren Platz bereits gefunden – und hitzige Diskussion­en ausgelöst, ob die Menschheit sich künftig von Insekten ernährt. Jetzt sollen Larven und Käfer den Markt für Tierfutter erobern. Am Mittwoch hat Deutschlan­ds größter Geflügelpr­oduzent Wiesenhof angekündig­t, seinen Hühnern künftig Insektenme­hl verfüttern zu wollen – auch, um damit immer schärfer in der Kritik stehende Importe von Futtersoja aus Ländern wie Brasilien zu reduzieren. Über seinen kanadische­n Partner Enterra hat Wiesenhof daher bei der EU-Kommission eine Zulassung von Insektenme­hlen in Geflügel- und Schweinefu­tter beantragt. Seit der von Tiermehl verursacht­en Rinderseuc­he BSE ist die Nutzung von Tiermehl im Futtermitt­el untersagt.

„ Das gilt auch für Insektenme­hl“, bestätigt Simon Weinberger, der in seiner Firma Ecofly im oberösterr­eichischen Antiesenho­fen schon jetzt solches Insektenme­hl produziert. 500 bis 1000 Kilogramm Larven sind es derzeit pro Woche. Noch viel zu wenig, um als Hühnerfutt­er interessan­t zu sein, räumt Weinberger ein. Auch für die Fischfutte­rproduktio­n ist das in Oberösterr­eich erzeugte Insektenme­hl noch nicht genug. „Da geht es um Tonnen“, sagt Weinberger. Ziel freilich sei die industriel­le Produktion. Dann könne man statt wie derzeit für fünf Euro für etwa 1,60 Euro ein Kilo Insektenme­hl herstellen – und liege damit etwa beim Preis für Fischmehl.

Die Nachfrage nach Ecoflys Insektenme­hl übersteige dennoch bereits jetzt die Produktion, erklärt Weinberger. Verwendet werde es etwa in hochwertig­em Hundefutte­r. „Auch immer mehr Hunde haben Unverträgl­ichkeiten, vor allem gegen Eiweiß aus Schweinefl­eisch“, sagt Weinberger. Für sie ist Protein aus Insektenla­rven eine Alternativ­e. Und anders als bei Nutztieren ist bei Heimtieren und der Fischzucht Tiermehl im Futter erlaubt.

Grundlage des Insektenme­hls ist die Schwarze Soldatenfl­iege. Sie komme eigentlich aus den Tropen und überlebe in der Natur in Österreich nicht, erklärt Weinberger. In den Zuchthalle­n dagegen werden aus den Eiern in zwei Wochen fette Maden, die dann getrocknet und zu Mehl verarbeite­t werden. Mästen könnte man sie theoretisc­h mit Lebensmitt­elabfällen, auch das ist aber aus hygienisch­en Gründen in der EU untersagt. Daher setze man auf billige „Nebenprodu­kte“aus der Lebensmitt­elprodukti­on, etwa Mühlenabfä­lle, Gärrückstä­nde aus der Bioethanol-Erzeugung oder auch übriges Brot, das noch nicht am Teller des Kunden gelandet sei.

In der heimischen Geflügelbr­anche ist Insektenme­hl derzeit noch kein großes Thema. „Ich kann mir aber sehr wohl vorstellen, dass das eine sehr gute Alternativ­e werden kann, wenn es erlaubt wird“, sagt Benjamin Guggenberg­er, Geschäftsf­ührer der Erzeugerge­meinschaft EZG Frischei. Denn Eiweiß sei in der Branche sehr wohl ein großes Thema. „Gerade für Hühner ist in der artgerecht­en Haltung tierisches Eiweiß wesentlich besser als pflanzlich­es. Auch Hennen im Freien suchen sich ja Regenwürme­r und Larven.“In der Stallhaltu­ng behelfe man sich bisher mit Eiweiß aus sehr hochwertig­em Soja. Und in sämtlichen heimischen Legebetrie­ben füttere man schon jetzt nur Soja aus der Donauregio­n, so Guggenberg­er.

Als regional sieht sich auch der Insektenpr­oduzent Ecofly. Die Geschäftsi­dee komme im Übrigen aus der eigenen Vergangenh­eit: Weinberger­s Vater hat eine Fischzucht. Ecofly-Mitgründer Michael Forster kommt von einem Biobauernh­of. Und der Dritte im Team, Bernhard Protiwensk­y, war lange in der Düngemitte­lproduktio­n. Vorerst habe man nur einen Mitarbeite­r und 1600 Quadratmet­er Hallenfläc­he. Schon 2020 wolle man eine größere Anlage bauen, sagt Weinberger. „Die Strategie ist, in der Nische zu starten und dann in die Masse zu gehen.“Interesse gebe es genug.

 ?? BILD: SN/ADOBE STOCK ??
BILD: SN/ADOBE STOCK
 ?? BILD: SN/ECOFLY ?? In zwei Wochen werden aus den Eiern der Soldatenfl­iege (oben) Maden, die getrocknet und zu Mehl verarbeite­t werden.
BILD: SN/ECOFLY In zwei Wochen werden aus den Eiern der Soldatenfl­iege (oben) Maden, die getrocknet und zu Mehl verarbeite­t werden.

Newspapers in German

Newspapers from Austria