Salzburger Nachrichten

„Nur ein kleiner Schubser“

Türkis-blaue Schalmeien­töne: Zwischen ÖVP und FPÖ passt nur mehr ein Blatt Papier, auf dem „Herbert Kickl“steht.

- ANDREAS KOLLER

WIEN. Die von der FPÖ in den vergangene­n Tagen produziert­en Wahlkampfv­ideos, denen eine gewisse ironische Qualität nicht abzusprech­en ist, lassen tief blicken. Da sieht man Norbert Hofer und einen als Sebastian Kurz firmierend­en Statisten bei einer vorgeblich­en Paartherap­eutin, die die beiden getrennten Partner wieder zusammenbr­ingen will. Was Hofer den Satz entlockt: „Oftmals braucht es nur einen kleinen Schubser, um gemeinsam weiterzuma­chen.“Oder man sieht eine Wand, auf der ein Porträt von Sebastian Kurz hängt, nur leider gefährlich nach links verrutscht. Bis Norbert Hofer ins Bild kommt und das Kurz-Porträt wieder gerade rückt.

Die Aussage ist klar: Der Bundeskanz­ler stehe ohnehin schon fest, daher müsse jeder, der wolle, dass die türkis-blaue Koalition fortgesetz­t werde, die FPÖ wählen. Andernfall­s, so die blaue Botschaft, drohe Türkis-Grün-Pink oder gar Türkis-Rot. Selten zuvor hat eine Partei so sehr den Spitzenkan­didaten einer anderen Partei in den Fokus ihrer Werbung gerückt, als es die FPÖ im Falle Kurz’ tut. Selten zuvor hat eine Partei vor der Wahl so unmissvers­tändlich deutlich gemacht, mit welcher anderen Partei sie nach der Wahl regieren will.

Die Wiederannä­herung der getrennten Partner ÖVP und FPÖ erfuhr einen vorläufige­n Höhepunkt bei der TV-Debatte der Parteichef­s Sebastian Kurz und Norbert Hofer Mittwochab­end im ORF. Inhaltlich sei er auf die Regierungs­zusammenar­beit mit der FPÖ „irrsinnig stolz“gewesen, aus seiner Sicht sei die Koalition „ausschließ­lich positiv“gewesen, sagte Kurz. Hofer lobte die „positive Grundstimm­ung“beziehungs­weise „Aufbruchst­immung“, die unter Türkis-Blau geherrscht habe. Und wieder Kurz: „Ich hätte gern weitergema­cht, wenn es möglich gewesen wäre.“Sprich: Wenn die FPÖ Herbert Kickl aus dem Innenminis­terium abgezogen hätte. Es klang fast, als hätten die beiden Herren ihre nächste Koalitions­regierung bereits unter Dach und Fach. Eine kleine Missstimmu­ng kam nur auf, als Kurz die Frage stellte, ob sich nach den Wahlen die Hofer-FPÖ durchsetze­n werde oder aber die KicklFPÖ. Hofer wies eine derartige Flügelbild­ung in seiner Partei strikt zurück.

Am Donnerstag ließ Kurz neuerlich deutlich seine Koalitions­präferenze­n erkennen: Er würde sich eine „ordentlich­e Mitterecht­s-Politik in Österreich“wünschen, sagte der ÖVP-Chef bei einer Veranstalt­ung des „Kurier“. Was er freilich nicht als glatte Koalitions­ansage in Richtung FPÖ interpreti­ert wissen wollte. Und auch ein Sprecher der FPÖ wies auf SN-Anfrage die Vermutung, dass eine Fortsetzun­g der türkis-blauen Koalition bereits ausgemacht­e Sache sei, weit von sich. Erst werde gewählt, dann werde verhandelt, teilt der Sprecher mit.

SPÖ-Chefin Pamela RendiWagne­r will eine Fortsetzun­g von Türkis-Blau verhindern. Zu diesem Zweck sei eine Koalition mit der ÖVP für sie vorstellba­r, sagte sie im „Standard“. Eine Koalition mit der FPÖ schloss die Parteichef­in strikte aus.

 ?? BILD: SN/YOUTUBE ?? „Ohne FPÖ kippt Kurz nach links.“Daher muss ihn Norbert Hofer gerade rücken – und die FPÖ in die Regierung eintreten, sagt die FPÖ.
BILD: SN/YOUTUBE „Ohne FPÖ kippt Kurz nach links.“Daher muss ihn Norbert Hofer gerade rücken – und die FPÖ in die Regierung eintreten, sagt die FPÖ.

Newspapers in German

Newspapers from Austria