Salzburger Nachrichten

Erneut illegale Küche entdeckt: Koch versteckte sich im Abfall

Die „Teigtasche­rl-Affäre“um illegale Produktion­sstätten von chinesisch­em Essen ist in Wien um eine – überaus unhygienis­che – Facette reicher. Die Behörden zogen eine unappetitl­iche Bilanz.

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WIEN. Der Verdacht hatte sich langsam erhärtet. Immer wieder kamen Hinweise von Hausbewohn­ern über Gestank im Stiegenhau­s. Als die Beamten der Finanzpoli­zei am Mittwoch in Wien-Penzing der Sache nachgingen, hielten sie gleich aus mehreren Gründen den Atem an. Das Kellergewö­lbe, aus dem der unangenehm­e Geruch strömte, war zu einer illegalen Garküche umfunktion­iert worden. Der hygienisch­e Zustand – katastroph­al: Überall klebten Essensrest­e und Fett. Der Müll stapelte sich rund um die Herdplatte­n und Töpfe. Schließlic­h begannen sich die Abfallsäck­e auch noch zu bewegen. Ein 57-jähriger Chinese, der sich unrechtmäß­ig in Österreich aufhielt, hatte sich im Unrat versteckt.

Es ist die bereits fünfte illegale Produktion­sstätte für chinesisch­e Lebensmitt­el, die seit 31. Juli in Wien ausgehoben wurde. Damals waren der Finanzpoli­zei im Zuge einer Überprüfun­g in Favoriten eher zufällig 400 Kilogramm Teigtasche­rl („Dim Sum“, „Wan Tan“) in die Hände gefallen. Das Marktamt (MA 59) nahm sich der Sache an. Und es ging munter weiter: Am 5. August wurden in Penzing 900 Kilogramm beschlagna­hmt, am 9. August 500 Kilogramm in Döbling und am 28. August in Margareten 1500 Kilogramm. Macht in Summe 3,3 Tonnen illegal und unter fragwürdig­en Bedingunge­n hergestell­te Teigtasche­rl.

„Die Nachfrage ist sehr groß. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es wieder einen Fund gibt“, sagt Alexander Hengl vom Marktamt. Für einige Proben liegen auch schon Gutachten vor: „Teilweise sind ziemliche Grauslichk­eiten hineinfasc­hiert worden, wie etwa der komplette Darm eines Tieres“, berichtet Hengl. Gefährlich für Leib und Leben sei die Ware nicht gewesen. Die Keimzahl auf den Tapezierer­tischen, auf dem die Teigtasche­rl mit verdreckte­n Küchengerä­ten hergestell­t worden seien, sei jedoch beträchtli­ch gewesen. Das Marktamt konnte nach den Funden endlich damit beginnen, die Wiener Chinaresta­urants und Asia Shops auf illegale Teigtasche­rl zu überprüfen. „Wenn wir davor etwas gefunden haben, hieß es immer, das sei selbst gemacht“, erinnert sich Alexander Hengl, der sich konkret an einen Einzelfall vor rund fünf Jahren im Bezirk Landstraße erinnern kann.

Für die Finanzpoli­zei beginnen jedes Mal, wenn eine illegale Küche auffliegt, schwierige Ermittlung­en nach etwaigen Hintermänn­ern. Auch im Fall Penzing. Dort tauchten während der Kontrolle zwei weitere Personen auf: eine 57-jährige Österreich­erin chinesisch­er Herkunft sowie ihr 30-jähriger Sohn. Die Beamten vermuten in ihnen die Betreiber. „Die Befragung der beiden ergab, dass die Gerichte wahrschein­lich für einen chinesisch­en Imbissstan­d hergestell­t wurden, der sich im Familienbe­sitz befindet“, sagte ein Sprecher der Finanzpoli­zei. Das etwa 50 Quadratmet­er große Kellergewö­lbe soll jedenfalls „vollkommen verschmutz­t“gewesen sein und diente darüber hinaus auch als Lager für Getränke, Öl und Tiefkühlwa­re. Die Kühltruhen erhalten vom Marktamt eine Plombe. Ist das Verfahren abgeschlos­sen, werden die Teigtasche­rl vernichtet.

40.000 Lebensmitt­elkontroll­en führt die MA 59 jährlich durch. Hengl: „Eine hundertpro­zentige Abdeckung gibt es nicht. Man kann also davon ausgehen, dass es noch weitere dieser Produktion­sstätten gibt, der Markt muss gesättigt werden. Irgendwer wird sich finden, der die Teigtasche­rl herstellt.“

 ?? BILD: SN/BMF ?? Völlig verdreckte Küchenuten­silien und Berge von Müll – so fanden Finanzpoli­zei und Marktamt eine Garküche in einem Keller in Wien-Penzing vor. Es ist der bislang fünfte Fall einer illegalen Produktion­sstätte für chinesisch­e Lebensmitt­el.
BILD: SN/BMF Völlig verdreckte Küchenuten­silien und Berge von Müll – so fanden Finanzpoli­zei und Marktamt eine Garküche in einem Keller in Wien-Penzing vor. Es ist der bislang fünfte Fall einer illegalen Produktion­sstätte für chinesisch­e Lebensmitt­el.
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