Hassreden stacheln die Gewalttäter auf
Jahrelang ist in der Bundesrepublik Deutschland die Gefahr des Rechtsextremismus unterschätzt worden. Eine rechtsextreme Zelle namens NSU konnte monströse Verbrechen verüben. Inzwischen haben die Sicherheitsbehörden ihr Visier nicht nur auf linke Gewalt und islamistischen Terror, sondern auch auf die extreme Rechte eingestellt. Angesichts des Anschlags eines rechtsextremistischen, antisemitischen Mannes auf eine Synagoge im ostdeutschen Bundesland Sachsen-Anhalt darf man dennoch bezweifeln, dass dies schon mit aller Konsequenz geschieht.
Stattdessen sehen wir eine beängstigende Entwicklung ins Negative. Derzeit registrieren die deutschen Behörden nicht weniger als 12.000 gewaltbereite Rechtsextremisten. Im vorigen Jahr ist in Deutschland die Zahl antisemitischer Angriffe mit politischem Hintergrund auf 1800 gestiegen – das sind im Durchschnitt fünf pro Tag.
Politiker, die sich um die Integration migrantischer Neubürger bemühen, sind zum Opfer von rechtsextremistischer Gewalt geworden. Die Oberbürgermeisterin von Köln hat überlebt, der Regierungspräsident von Kassel aber ist vor wenigen Monaten ermordet worden.
Die Demokratie gerät in Gefahr, wenn das politische Klima derart verroht. In Deutschland steht jetzt die rechtspopulistische AfD am Pranger. Sie hat durch Leugnung und Verharmlosung der Naziverbrechen den Boden bereitet für antisemitische Gewalt. Sie ist mit völkisch bestimmter Verbalaggression gegen Zugewanderte der Resonanzboden für die Rechtsextremisten. „Politisch gesehen“war der Anschlag in Halle/Saale eben keine „Einzeltat“.
Was tun gegen die rechte Gewalt? Zuerst die Sicherheit verstärken. Der Rechtsstaat muss seine Zähne zeigen. Dann Schluss machen mit dem hetzerischen Reden, das den öffentlichen Diskurs vergiftet. Aus Worten werden Waffen. Drittens auch im Digitalen Grenzen ziehen. Das Netz kann nicht „frei“sein, wenn dort das Grauenvolle wabert. Ferner: die Bildung forcieren, damit die Antiaufklärung keine Chance hat. Und: Zivilcourage zeigen, wenn Hass zur Gewalt aufpeitscht.