Menschen in Kitzbühel trauern leise
Ein 25-Jähriger soll seine Ex-Freundin, ihre Eltern, ihren Bruder und ihren neuen Freund erschossen haben. In der Stadtpfarrkirche in Kitzbühel finden Gedenkstunden statt. Wie die Bewohner die Tat verarbeiten.
KITZBÜHEL. Der gewaltsame Tod von fünf Menschen hat in Kitzbühel großes Entsetzen ausgelöst. Das Rathaus im Ort ist schwarz beflaggt. Bürgermeister Klaus Winkler sagte am Freitag, dass die „tragischen Ereignisse die Menschen im Ort sehr stark getroffen“hätten. „Viele Dinge des alltäglichen Lebens sind in den Hintergrund getreten. Die Gedanken und Anteilnahme sind bei den Opfern – aber auch bei der Familie des Täters“, betonte er. Die Behörden seien in ständigem Kontakt mit den Angehörigen der Opferfamilie, „die es zur Stunde sehr schwer hat, mit diesem Umstand fertig zu werden“. Oft lese man von solchen Tragödien, die weit entfernt passiert seien – „und jetzt hat es uns auch getroffen.“Doch in der Trauer rückten die Menschen auch näher zusammen. Sie zeigten Mitgefühl für die Angehörigen, aber auch Anteilnahme für die Familie des Beschuldigten, sagte Winkler.
In der Stadtpfarrkirche in Kitzbühel finden auch am Samstag und Sonntag von 18 bis 19 Uhr Gedenkstunden statt. An einer Klagewand können Menschen ihre Gefühle zum Ausdruck bringen. Am Montag um 14 Uhr findet der Trauergottesdienst statt. Film-, Foto- und Tonaufnahmen sind nicht gestattet. Bei einer Pressekonferenz am Freitag erklärte Walter Pupp vom Tiroler Landeskriminalamt zudem, dass die Tatortarbeit noch nicht ganz abgeschlossen sei. Es müssten noch einige Vernehmungen von Verwandten, Freunden und Bekannten der Opfer und auch des Verdächtigen geführt werden. „Wir haben viel Arbeit vor uns, wir versuchen, die letzten Stunden und Tage vor der Tat zu rekonstruieren und auch die Telekommunikationsdaten auszuwerten.“
Der Verdächtige (25) habe den Handlungsablauf so geschildert, wie er sich nach den Ermittlungen, der Spurenlage und der Situation am Tatort dargelegt habe. Es gebe keine Widersprüche. Zum Motiv habe sich der Beschuldigte nicht weiter geäußert.
Wie berichtet hatte der Verdächtige am Sonntag in den frühen Morgenstunden den 59-jährigen Vater seiner Ex-Freundin, ihre Mutter (51) und ihren Bruder (25) getötet und dann die 19-Jährige und deren angeblich neuen Freund (24) erschossen. Die Tatwaffe gehört dem Bruder des Beschuldigten. Ob diese ordnungsgemäß verwahrt wurde, ist noch unklar. Der Waffenbesitzer befindet sich im Ausland. Er soll nach seiner Rückkehr vernommen werden.
Pupp bestätigte auch, dass Ermittlungen wegen Hassbotschaften im Internet laufen. „Wir nehmen diesen Fall zum Anlass, Ermittlungsverfahren gegen Personen zu führen, die Hasspostings – vor allem auf die Seite des Beschuldigten – gestellt haben. Wir haben das sichergestellt.“Wenn tatsächlich strafrechtlich relevante Tatbestände vorliegen, werde dagegen vorgegangen, sagte Pupp den SN.
Hansjörg Mayr von der Staatsanwaltschaft in Innsbruck erklärte, es bestehe der dringende Tatverdacht des fünffachen Mordes. Es gebe keinen Grund, den Tatverdacht anders zu definieren. Die Staatsanwaltschaft habe ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben, das Adelheid Kastner erstellen werde. Im ersten Halbjahr 2020 werde über die Anklage entschieden.
Nach der erschütternden Gewalttat kümmerten sich Kriseninterventionsteams (KIT) des Roten Kreuzes um Angehörige, Freunde, Arbeits-, Vereins- und Schulkollegen. „Wir haben bisher zirka 300 Personen betreut“, sagte KIT-Leiter Gerhard Müller. Zur Verstärkung der Teams wurden Kollegen aus dem Bezirk Kufstein und aus dem Salzburger Pinzgau angefordert. „Für uns vom Roten Kreuz ist es egal, ob wir die Familie der Opfer betreuen oder die der Täter, wir machen absolut keinen Unterschied.“
Für die KIT-Mitarbeiter sei der Einsatz eine extreme Ausnahmesituation gewesen. Daher sei es wichtig gewesen, keinen Mitarbeiter zu mehreren Einsätzen zu schicken und im Vorfeld zu klären, ob jemand mit den Betroffenen bekannt ist und wenn ja, wie nah. „Wenn das sehr nah war, konnten wir sie nicht zum Einsatz schicken.“Nächste Woche finde noch eine große Nachbesprechung statt, dazu seien klinische Psychologen zur Unterstützung angefordert worden.