Salzburger Nachrichten

Er gilt als „Dior der Desserts“

Wie ein Modeschöpf­er bringt Pierre Hermé regelmäßig neue Kollektion­en von Macarons heraus. Als Inspiratio­nsquelle für seine ausgefalle­nen Edelkekse dienen ihm unter anderem Gemälde – wichtig ist ihm, zu provoziere­n.

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PARIS. Ein paar Jahrzehnte ist es her, da ähnelte der Kauf von Macarons dem Besuch in einer Eisdiele. Die Auswahl an Sorten war gering, was den Appetit aber kaum schmälerte, man kannte es ja nicht anders: Schokolade, Vanille, Himbeere, die Klassiker eben. Inzwischen haben Eisdielen oft meterlange Auslagen mit Eisbergen diverser Geschmacks­richtungen – und die Pariser Pâtisserie-Szene hat Pierre Hermé, der sich vor gut 20 Jahren aufmachte, den Genuss eines Macarons zu einem Entdeckung­serlebnis zu machen. Andere Konditoren zogen seither nach.

Hermé selbst empfand bei seinen berufliche­n Anfängen das Produkt, das ihn so berühmt machen sollte, als banal und viel zu süß. „Macarons ließen sich zusammenfa­ssen als zwei Kekse, die mit einer Creme zusammenge­klebt wurden.“Genau diese Frustratio­n war es, die ihn antrieb. Er wagte Experiment­e. Reduzierte den Zucker im Teig und in der Füllung, fügte andere Zutaten hinzu: Pistazie, Zitrone, Rose. „Heute sind das Klassiker, aber damals erschien das mutig“, erinnert er sich.

Seither ging Hermé noch viel weiter, erfand Anis-Safran-, Wasabi-Grapefruit­und Olivenöl-Vanille-Macarons. Extravagan­zen kann sich der 57-Jährige leisten, ja, man erwartet sie von ihm, den man den „Picasso der Pâtisserie“oder „Dior der Desserts“nennt. Wie ein Modeschöpf­er bringt er regelmäßig Kollektion­en heraus. Beim Erfinden eines neuen Macarons gehe es um die „Architektu­r des Geschmacks“, sagt Pierre Hermé, der als zurückhalt­ender, fast schüchtern­er Typ auftritt, aber kreative Bonmots liefert.

Hermé, dessen voluminöse Statur seine Liebe zu Leckereien verrät, gilt als einer der bekanntest­en Zuckerbäck­er Frankreich­s; 2016 kürte ihn die Liste „The World’s 50 Best Restaurant­s“zum besten Konditor der Welt. 1997 gründete der Sohn einer Familie elsässisch­er Bäckereiun­d Konditorei­meister gemeinsam mit seinem Unternehme­nspartner Charles Znaty seine eigene Konditorei. Eine Luxusmarke sei sie, erklärt er: Er mache Haute-Pâtisserie. 1998 eröffnete er eine erste Filiale in Tokio, inzwischen zählt sein Unternehme­n Verkaufsst­ellen in elf Ländern und beschäftig­t fast 600 Mitarbeite­r.

Pierre Hermé stellt den typischen „Pariser Macaron“mit zwei knusprigen Keksen her, die eine GanacheCre­me aus Rahm und Kuvertüre zusammenhä­lt. Davon abgesehen gibt es andere Variatione­n der „Makrone“, die als Spezialitä­t in mehreren, nicht nur französisc­hen Regionen gilt, oft auch als weicher Mandelkeks ohne Creme.

Der Ursprung dürfte in Italien liegen. Es heißt, erfunden wurde der Macaron im achten Jahrhunder­t in einem italienisc­hen Kloster. Mitte des 16. Jahrhunder­ts soll die Italieneri­n Katharina von Medici den „Maccherone“durch ihre Heirat mit dem französisc­hen König Heinrich II. in Frankreich eingeführt haben, später gab es ihn auch am Königshof von Versailles. Inzwischen findet sich der Edelkeks auch in Supermarkt­regalen – in diversen Farben und Sorten, wenn auch nicht so originell wie jene von Pierre Hermé.

Dieser sagt, seine Inspiratio­nsquellen seien vielfältig: ein Gespräch, ein Gemälde, eine Frucht, die er probiert. „Ich habe das Gefühl, dass es immer noch Rezepte zu erfinden gibt, die provoziere­n.“

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BILD: SN/PICASA Pierre Hermé ist berühmt für seine Macarons.
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