Salzburger Nachrichten

Gästewerbu­ng wird Randersche­inung

Die Rolle der regionalen Tourismusm­anager wird immer vielfältig­er. Geht es nach der Österreich Werbung, fällt dafür die Beschäftig­ung mit Werbekampa­gnen künftig weg.

- FRED FETTNER

TikTok heißt vielleicht die neue Taktik, wenn es um den Gewinn der Aufmerksam­keit potenziell­er Gäste geht. Influencer? Out. Facebook? Mega out. Es oblag einem 17-Jährigen, den zum 60-Jahr-Jubiläum des Bundes Österreich­ischer Tourismusm­anager (BÖTM) versammelt­en Chefs die Welt zu erklären. Charles Bahr baut gerade sein zweites Unternehme­n auf, basierend auf seinem Wissen über die Alterskoll­egen. „Es gibt keine gute Werbung, nur coolen Content“, so sein Credo, das der neuen Strategie 2025 der Österreich Werbung (ÖW) entspricht.

„Das Push-Marketing verliert an Wirkung, wir werden künftig ohne Werbekampa­gnen agieren“, erklärte der Leiter des ÖW-Partner-Management­s Florian Größwang den laufenden Strategiep­rozess mit dem Titel „ÖW 2025“. Ab 2021 soll der Inhalt umgesetzt werden. Und der lässt sich in etwa so übersetzen: Man macht anwesende Gäste so glücklich, dass sie ihre Begeisteru­ng über die sozialen Kanäle hinausposa­unen. Die Tourismus werber animieren dieses Mitteilung­s bedürfnis, kanalisier­en und multiplizi­eren die Postings. Zusätzlich werden die inder In format ions phase und während des Aufenthalt­s entstanden­en Datenmasse­n verwertet, um ähnlich tickende potenziell­e Urlauber elektronis­ch zu erreichen. Alle Daten der 1800 Tourismus organisati­onen sollen beiderÖW gebündelt werden. „Allein die Schnittste­llen zwischen Ö Wund Landes tourismus organisati­onen zu schaffen hat acht Jahre gedauert“, betonte Gastgeber Gernot Riedel, Geschäftsf­ührer Kitzbühele­r Alpen.

Auf allen Ebenen entstehen so neue Aufgabenge­biete für lokale Tourismusä­mter. „Als ich begann, gab es Gästegewin­nung, Gästevermi­ttlung und Gästebetre­uung“, schilderte die Marketing leiterin Germana Nagler von Lech-ZürsTouris­mus. Man versuchte, auf den internatio­nalen Märkten die Destinatio­n bekannt zu machen und über Veranstalt­ungen den Bekannthei­tsgrad zu steigern. Nach fünf Jahren sei fast alles anders. Zuerst sei die Destinatio­nsentwickl­ung dazugekomm­en, man schuf als Verband über die integriert­e Gästekarte ein neues Sommerange­bot. Viele Ressourcen fließen heute, wie anderswo auch, in örtliche Infrastruk­turen. Auch dadurch werden die ehemaligen Kurdirekto­ren zu Freizeitma­nagern für Einheimisc­he.

„Neu dazu kam in dieser Zeit auch unsere Mitarbeite­r-Card mit ihren Benefits“, erklärte Nagler. Mitarbeite­r-Recruiting ist ein zentrales Thema geworden. Charles Bahr empfiehlt, Social Media dafür zu nutzen. Man müsse Mitarbeite­r – vielleicht auch mit Zuckerln – dazu animieren, den Berufsallt­ag positiv nach außen zu tragen. Nach seiner Analyse sind die „Mini-Millenials“(18–23 Jahre) mit Informatio­nsinhalten erreichbar, die Altersschi­cht darunter liebt Videoinhal­te und benötigt für Offline-Ferientage Snapchat-Streaksitt­er. In dieser und der jüngeren Altersschi­cht der Pre-Teens ist das inhaltslee­re chinesisch­e TikTok mit einer halben Milliarde Usern ein Renner. „Die Achtbis Zwölfjähri­gen sind das Beuteschem­a der Youngfluen­cer“, betonte Bahr. Selbst in nonverbale­n 30Sekunden-Videos werde Meinung gemacht, etwa von McDonalds und der Deutschen Bahn.

Bei allen Zusatzakti­vitäten für Tourismusm­anager sei die Flut an Social-Media-Kanälen die härteste Herausford­erung, sagte Nagler: „Man braucht ganz einfach auch Mitarbeite­r dazu, die das voll leben.“Aktuell setzen Tourismuso­rganisatio­nen stark auf Influencer oder Blogger. Ein Fehler, meint Bahr. Denn die sich gestylt in Szene setzenden Schönheite­n kommen bestenfall­s bei den Kindern an. Sonst geht heute „authentisc­h“über alles. Oder wie es Zukunftsfo­rscher Tristan Horx wenige Tage zuvor am BergBahnCa­mp formuliert­e: „Wir entwickeln einen Bullshit-Filter gegen das ständige Anballern.“

Deshalb wird subtiler agiert. Die immer neuen Plattforme­n bieten Unternehme­n Raum für die Suche nach Beeinfluss­ungsmöglic­hkeiten. Wie können Inhalte unterschwe­llig in die Köpfe der überwiegen­d jungen Menschen gepflanzt werden? Das „funktionie­rt“im Sinne der Manipulato­ren so lange, bis demokratis­che Staaten nicht global wirksamen Kinder- und Konsumente­nschutz umsetzen und bezahlte Inhalte deutlich sichtbar machen. Es geht dabei auch um Chancengle­ichheit für regionale und nationale Print-, TV oder Onlinemedi­en.

Die multinatio­nalen Zerberusse wie Google, Amazon, Facebook und touristisc­h betrachtet auch Booking.com und Airbnb wird man laut Florian Größwang weiterhin auch seitens der Tourismuso­rganisatio­nen bezahlen müssen. Dorthin würden künftig die Tourismusb­udgets fließen, womit umgehend die Abhängigke­it von ihnen weiter gestärkt und Gegengewic­hte verunmögli­cht würden.

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