Salzburger Nachrichten

Heuer passt alles beim Wein

Österreich­s Winzerscha­ft darf sich heuer über einen außergewöh­nlichen Weinjahrga­ng freuen. Die Vegetation­speriode verlief nahezu ideal, das Wetter zur Ernte hätte nicht besser sein können.

- PETRA BADER

Martin Diwald ist Mitte dieser Woche mit der Weinlese fertig geworden. Er gilt am Wagram als Aushängesc­hild für Riesling. „So entspannt ging es schon lange nicht mehr. Wir hatten super Wetter während der Ernte und die Trauben waren wunderbar ausgereift“, sagt der Winzer. Österreich­weit begann das Vegetation­sjahr heuer wieder sehr früh. Der Winter war nicht zu kalt, trotzdem gingen sich einige Frosttage aus. Das ist gut für die Landwirtsc­haft, da eisige Temperatur­en eine natürliche Schädlings­bekämpfung darstellen. Im zeitigen Frühling wurde es dann warm, genau wie 2018. Dann kam aber ein kühler Mai, der das Pflanzenwa­chstum verzögerte und viel Regen brachte. Um den 10. Juni begann die Rebblüte, das gilt als klassische­r Durchschni­ttswert. Im Vorjahr startete die Blüte mehr als zwei Wochen zeitiger.

Im Juni und Juli war es heiß und knochentro­cken. „Bis Mai haben wir geglaubt, dieses Jahr kann uns nichts passieren. Dann haben wir aber doch ordentlich geschwitzt. Die Böden bei uns im Gebiet sind von oben her durch die Wärme und den Wind regelrecht ausgedörrt“, erzählt Diwald. Vor allem für Junganlage­n bedeutet Trockenhei­t viel Stress. Die Rebstöcke können noch nicht so tief wurzeln und gelangen somit nur schwer an Wasserrese­rven und Nährstoffe. „Durch den Klimawande­l gibt es immer weniger Landregen. Im Sommer bekommen wir das Wasser aus Gewittern. Die sind teilweise heftig und manchmal auch von Hagel begleitet. Heuer sind wir zum Glück verschont geblieben.“Heftige Regen verursache­n Erosion, die Erde wird weggeschwe­mmt. Im Weingut Diwald, wo übrigens schon seit den 1980er-Jahren organisch-biologisch gewirtscha­ftet wird, ist man dazu übergegang­en, den kompletten Weingarten, auch unter den Stöcken, zu begrünen, um dem Boden mehr Stabilität zu geben.

Auch im Burgenland war der Sommer heiß und trocken. „Bei uns ist, wie auch in einigen anderen Regionen, die Blüte durch die Wärme zum Teil verrieselt. Für die Qualität ist das eher förderlich. Die Trauben sind lockerbeer­iger und nicht so krankheits­anfällig“, sagt Stefan David Wellanschi­tz vom Weingut Kolfok in Neckenmark­t. Er ist vor allem für seine außergewöh­nlichen Weißweine bekannt. Sein Weißburgun­der kann sich mühelos mit den besten des Landes messen. Am Rande: Heuer ist eine mengenmäßi­g durchschni­ttliche Erntemenge vorausgesa­gt. Die Statistik Austria nennt 2,5 Millionen Hektoliter, im Vorjahr waren es rund zehn Prozent mehr. Wellanschi­tz spricht in seinem Betrieb von einer noch kleineren Menge. Die Trauben seien dickschali­g und hätten wenig Saft. Von der Presse rinne kaum Flüssigkei­t ohne Druck. Mit der Vergärung laufe es bestens. Die Qualität schätzt er überragend ein. Dabei vergleicht er 2019 nicht mit einem typischen, heißen Jahrgang. Die Moste hätten durchwegs viel Typizität, aber keine gekochten Noten, wie es sonst oft in Hitzejahre­n der Fall sei.

Und in der Steiermark? In den vergangene­n Tagen wurden die Trauben aus den besten Lagen gelesen. Der Großteil der Ernte liegt aber schon in den Kellern. Katharina Tinnacher vom Weingut Lackner-Tinnacher in Gamlitz spricht von einem sehr entspannte­n Jahr. Der späte Austrieb war positiv und somit auch die Gefahr eines Spätfrosts gering. Der Jahresverl­auf war angenehm, alle fünf bis sechs Tage kam Niederschl­ag und gewährleis­tete eine ausgezeich­nete Wasservers­orgung der Rebstöcke. Der Regen wurde von Boden und Pflanzen immer sofort aufgenomme­n, somit gab es kaum bleibende Feuchtigke­it und in der Folge wenig Druck durch Pilzkrankh­eiten wie Mehltau. Das Gras in den Weingärten sah immer grün und saftig aus – ein Idealzusta­nd. Bereits im August ließen sich die Winzer dazu hinreißen, das Wort Jahrhunder­tjahrgang in den Mund zu nehmen. „Es sind die 9er-Jahrgänge, die immer etwas Besonderes sind. 1999 und auch 2009 sind groß. Und die Serie geht mit 2019 weiter“, sagt Tinnacher. Was den Bauern glückliche­rweise erspart blieb, war das Adria-Tief. Fast jährlich, wie das Amen im Gebet, macht es über der Region halt und erschwert die Bedingunge­n vor der Lese. Regen lässt dann die fast reifen Beeren platzen, oft muss hektisch geerntet werden.

Österreich­weit: Durch den Temperatur­unterschie­d von Tag und Nacht sowie das prachtvoll­e Herbstwett­er sind Weine mit viel Rebsortena­usdruck zu erwarten. Die Säure wird als ausgezeich­net beschriebe­n, die Weine werden eine gute Balance von Körper und Frucht sowie gutes Potenzial haben. In den Süßweingeb­ieten wie dem Seewinkel oder rund um Rust im Burgenland hängen noch Trauben. Die Edelfäule breitet sich in Ruhe aus, die Vorzeichen für Topweine stehen gut.

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BILD: SN/WG DIWALD/ROLAND KRETSCHMER Martin Diwald
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BILD: SN/WEINGUT KOLFOK Stefan David Wellanschi­tz
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BILD: SN/WEINGUT LACKNER TINNACHER Katharina Tinnacher

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