Ein Hoch auf die Kleinen!
Neun von zehn Salzburger Betrieben haben weniger als zehn Beschäftigte. Die Arbeitslosigkeit ist rekordträchtig niedrig. Trotzdem passiert zu wenig, um Salzburgs Wirtschaftsstärke für die Zukunft abzusichern.
Wir reden oft über die wunderbare Landschaft, die extrem hohe Lebensqualität, die Salzburg so besonders macht. Viel zu selten reden wir darüber, dass ein entscheidender Faktor für ebendiese Lebensqualität auch eine bemerkenswert starke Wirtschaft ist. Bezeichnend dafür ist, dass die jüngsten Arbeitslosenzahlen im Land viel zu wenig Beachtung fanden. Während im benachbarten Deutschland, lange Zeit eine Art Goliath, die Angst vor der Rezession umgeht, ist davon im kleinen Salzburg (noch) nichts zu spüren. Mit 3,7 Prozent ist die Arbeitslosigkeit nur halb so hoch wie im Österreich-Schnitt. Das kommt historischen Tiefständen nahe und bedeutet de facto Vollbeschäftigung. Salzburg hat kein Arbeitslosen-, sondern längst ein Arbeitskräfteproblem. Betriebe suchen händeringend Fachkräfte und finden keine. Das ist ein Luxusproblem. Aber eines, das auf Dauer dramatisch wirken kann.
Im Scheinwerferlicht von Leitbetrieben wie Red Bull, Spar oder Palfinger wird gern übersehen, dass Salzburgs Wirtschaft besonders kleinteilig ist. 92 Prozent (!) der Betriebe haben weniger als zehn Beschäftigte. Die Klein- und Mittelbetriebe stellen fast zwei Drittel aller Jobs im Land. Und sie erweisen sich in Zeiten des Umbruchs damit als ziemlich innovativ und wandlungsfähig. Wenn man sich anschaut, wie sich Tischler, Gastronomen, Produzenten und Dienstleister mit ihren Beschäftigten gewandelt, entwickelt oder neu erfunden haben, muss man neidlos applaudieren: Chapeau!
Wohnen an der Autobahn? Ein Unsinn
Dabei schien noch in den 1990er-Jahren sicher: Großkonzernen und Multis würden die Welt aufmischen. Für Klein- und Mittelständler blieben nur die Krümmel übrig. Nun soll man die heftigen Turbulenzen, die die Globalisierung und das Internet auch den Kleinen bescheren, nicht kleinreden. Trotzdem: Sie schlagen sich wacker. Mehr als wacker. Und Salzburg hilft seine kleinteilige Wirtschaft enorm. Sie ist weniger abhängig von Wohl und Weh einzelner Großbetriebe. Und sie profitiert dennoch von globalen Trends: Der Tourismus eilt von Rekord zu Rekord, Gewerbe und Industrie erobern sich immer neue Exportmärkte. Und all das ist beileibe nicht selbstverständlich.
Wenn’s gut läuft, lauert freilich die Gefahr, sich selbstgefällig zurückzulehnen. Anzeichen dafür gibt es leider auch in Salzburg. Nicht nur, dass Großprojekte, die für die Infrastruktur des Landes nötig sind – siehe den Ausbau der Westbahn im Flachgau –, kaum noch umsetzbar erscheinen. Im Zentralraum, der wirtschaftlichen Hauptschlagader des Landes, gibt es auch fast keine tauglichen Gewerbeflächen mehr. Umso fragwürdiger ist es, dass Stadt- und Landespolitik viel zu wenig tun, um hier energisch entgegenzusteuern. Wie kurios, teils fast grotesk die Debatte läuft, zeigte sich zuletzt in Liefering, wo mehr als fünf Hektar Fläche als Gewerbegebiet gewidmet sind. Politiker verschiedener Parteien traten ernsthaft die Debatte los, auch dort, direkt an der Autobahn, statt Gewerbe massiven Wohnbau hochzuziehen. Man fragt sich: Wo, wenn nicht dort, macht Gewerbe Sinn? Und wann, wenn nicht jetzt, sollte man die Chance nutzen, dort kluge Lösungen zu entwickeln?
Wie gesagt: Salzburgs starke Wirtschaft ist keine Selbstverständlichkeit. Man muss dafür auch etwas tun. Umso mehr verwundert es, dass über wirtschaftliche Strategien kaum ernsthafte Debatten stattfinden.