In Bierteig oder als Ragout: Die Schnecke kehrt zurück
Im Garten von Gut Wildshut hat Küchenchef Raimund Probst mit der Schneckenzucht begonnen. Die erste Tranche ist bereits aufgegessen – im Frühjahr gibt es wieder frischen Nachwuchs.
ST. PANTALEON. Für Raimund Probsts Schnecken sind die letzten Wochen vor dem Winterschlaf angebrochen. Diejenigen, die noch zu klein sind, um als Schneckenragout oder in Bierteig und mit Trüffelmayonnaise serviert zu werden, dürfen nun noch einige Zeit im Hochbeet im Garten von Gut Wildshut verbringen. Danach übersiedeln sie auf den Dachboden. „Meine Schnecken sind Südländer, der Winter hier bei uns ist ihnen zu knackig, deshalb verbringen sie ihren fünfmonatigen Winterschlaf dann drinnen“, schildert der Chefkoch und Schneckenzüchter. Letzteres wurde er vor einem Jahr und auf Wunsch von Wildshut-Eigentümer Heinrich Dieter Kiener. Mittlerweile ist Raimund Probst schon recht stolz auf seine Schneckenzucht.
Geschmacklich sei die Helix aspersa maxima, die Gefleckte Weinbergschnecke, am ehesten vergleichbar mit Kalbfleisch, „mit erdigem Touch“, in ihrer Konsistenz sei sie weicher als Tintenfisch, aber fester als eine Muschel. Und: In seiner Küche werden die Schnecken vor ihrer Verarbeitung von Innereien befreit. Einzige Ausnahme ist die Leber, die in Form einer Minischnecke ganz im Inneren des Schneckenhauses steckt. Probst: „Schneckenleber schmeckt ähnlich wie Gänseleber, sie hat eine feine Haselnussnote.“
Bis eine Gefleckte Weinbergschnecke in der Küche von Raimund Probst landet, vergehen sechs bis acht Monate. Anders als etwa Nacktschnecken, die sogar ihre eigenen Artgenossen verspeisen, ernährt sich die Helix aspersa vegetarisch. „Am liebsten sind ihnen welke Salatblätter“, berichtet Raimund Probst. Bei den Gästen im Restaurant des Stieglguts Wildshut kommt die Delikatesse vor allem bei Kennern gut an. Nachdem in den 80er-Jahren Schnecken mitsamt Froschschenkeln von den Speisekarten verschwunden seien, seien sie nun wieder im Kommen.
„Eine frische Schnecke kann man mit den aus früheren Jahren bekannten Dosenschnecken nicht vergleichen“, sagt Probst. Das zeige sich im Geschmack, aber auch beim Preis, der bei der Dosenware bei unter 50 Cent pro Stück liege, bei frischen Schnecken aber bei mindestens einem Euro. Und es steckt viel Arbeit in der küchenfertigen Vorbereitung der Tiere. Nach dem händischen Absammeln aus dem Hochbeet werden sie 24 bis 48 Stunden lang an einem dunklen Ort gelagert. Das versetzt sie in eine Winterschlafphase. Anschließend kommen sie für acht Minuten in sprudelnd kochendes Wasser. Nach dem Herausholen aus den Schneckenhäusern gart der Wildshut-Küchenchef seine Schnecken noch in mit Bier versetztem Gemüsefond.
500 Exemplare der Helix aspersa maxima hat Raimund Probst heuer bereits geerntet. „Die nächste Charge Schnecken wird es kommendes Frühjahr geben.“Den Winterschlaf der Schnecken habe sich schon Napoleon zunutze gemacht. In Jutesäcken verpackt seien sie auf den Feldzügen stets als Eiweißquelle vorrätig gewesen.
„Die Kunst ist nicht das Schneckenzüchten, sondern das Verkaufen.“Raimund Probst,