Das erste Jahr der Wienerin als Landärztin
Belinda Plattner übernahm eine lange Zeit offene Facharztstelle für Jugendpsychiatrie innergebirg. „Ich hatte ein großartiges Jahr“, sagt sie jetzt.
„Be happy“: Der Spruch in der Praxis von Kinderund Jugendpsychiaterin Belinda Plattner soll ihren Patienten Mut machen. Sie weiß, dass es vielen Kindern und ihren Eltern nicht leichtfällt, psychiatrische Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Besonders am Land ist die Überwindung sehr groß. Auch weil hier jeder jeden kennt.“Da sei es für sie ein Vorteil, dass sie als gebürtige Wienerin ihre Praxis in St. Johann eröffnet habe. „Mich kennt hier keiner.“
Vor einem Jahr trat die 44-Jährige die Kassenstelle für Kinderund Jugendpsychiatrie in Salzburgs Süden an. Davor war die Stelle drei Jahre lang offen gewesen. Kinder- und Jugendpsychiatrie gilt im gesamten deutschsprachigen Raum als Mangelfach.
Belinda Plattner war davor als Oberärztin in der Kinder- und Jugendpsychiatrie der ChristianDoppler-Klinik tätig. Den Schritt, vom Spital in die Praxis zu wechseln, hat sie bis jetzt nicht bereut: „Ich hatte ein wundervolles Jahr“, sagt sie. Auch wenn sie mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. So stand am Anfang die Suche nach einer geeigneten Räumlichkeit. Schließlich renovierte sie eigenhändig eine ehemalige Hausmeisterwohnung in einem Altbau in der Nähe des St. Johanner Kongresshauses.
Im Winter wurden für Belinda Plattner dann die intensiven Schneefälle zum Hindernis: „Aus Umweltschutzgründen wollte ich von unserer Wohnung in Salzburg-Maxglan mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Praxis fahren. Im Winter gab es Schienenersatzverkehr, das war teilweise schon abenteuerlich.“
In ihrer neuen Tätigkeit genießt sie es, viel Zeit für ihre Patienten zu haben. Im Gegensatz zu ihrer Arbeit im Spital habe sie es hier nicht mit schweren psychiatrischen Diagnosen zu tun. „Den meisten geht es nach kurzer Zeit bei uns schon besser.“Oft sei es der Beginn der Schulzeit, der dazu führe, dass die Kinder psychiatrische Hilfe benötigten. Das sei auch logisch, sagt Belinda Plattner. „Das Elternhaus stellt sich auf die Bedürfnisse der Kinder ein. In der Schule kommt es dann zu Anpassungsproblemen.“So gebe es viele gescheite Kinder, die in der Schule die Leistung nicht bringen könnten.
Es gebe viele bekannte Beispiele von „speziellen“Menschen, wie Belinda Plattner sagt, die Besonderes leisteten. „Gustav Mahler hatte etwa große Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren. Der musste dann ganz abgeschieden in den Bergen arbeiten.“Ein aktuelles Beispiel sei die jugendliche Umweltaktivistin Greta Thunberg, bei der das AspergerSyndrom, eine Form von Autismus, diagnostiziert wurde und die nun weltbekannt sei.
Anpassungsprobleme hat Belinda Plattner als Großstädterin im Pongau nicht gehabt. Kleine kulturelle Unterschiede waren aber doch zu merken. „Kollegen merken immer wieder an, wenn ein Patient nicht grüßt. So etwas wäre in Wien kein Thema.“