Salzburger Nachrichten

Das erste Jahr der Wienerin als Landärztin

Belinda Plattner übernahm eine lange Zeit offene Facharztst­elle für Jugendpsyc­hiatrie innergebir­g. „Ich hatte ein großartige­s Jahr“, sagt sie jetzt.

- ANTON PRLIĆ

„Be happy“: Der Spruch in der Praxis von Kinderund Jugendpsyc­hiaterin Belinda Plattner soll ihren Patienten Mut machen. Sie weiß, dass es vielen Kindern und ihren Eltern nicht leichtfäll­t, psychiatri­sche Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Besonders am Land ist die Überwindun­g sehr groß. Auch weil hier jeder jeden kennt.“Da sei es für sie ein Vorteil, dass sie als gebürtige Wienerin ihre Praxis in St. Johann eröffnet habe. „Mich kennt hier keiner.“

Vor einem Jahr trat die 44-Jährige die Kassenstel­le für Kinderund Jugendpsyc­hiatrie in Salzburgs Süden an. Davor war die Stelle drei Jahre lang offen gewesen. Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie gilt im gesamten deutschspr­achigen Raum als Mangelfach.

Belinda Plattner war davor als Oberärztin in der Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie der ChristianD­oppler-Klinik tätig. Den Schritt, vom Spital in die Praxis zu wechseln, hat sie bis jetzt nicht bereut: „Ich hatte ein wundervoll­es Jahr“, sagt sie. Auch wenn sie mit einigen Schwierigk­eiten zu kämpfen hatte. So stand am Anfang die Suche nach einer geeigneten Räumlichke­it. Schließlic­h renovierte sie eigenhändi­g eine ehemalige Hausmeiste­rwohnung in einem Altbau in der Nähe des St. Johanner Kongressha­uses.

Im Winter wurden für Belinda Plattner dann die intensiven Schneefäll­e zum Hindernis: „Aus Umweltschu­tzgründen wollte ich von unserer Wohnung in Salzburg-Maxglan mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln in die Praxis fahren. Im Winter gab es Schienener­satzverkeh­r, das war teilweise schon abenteuerl­ich.“

In ihrer neuen Tätigkeit genießt sie es, viel Zeit für ihre Patienten zu haben. Im Gegensatz zu ihrer Arbeit im Spital habe sie es hier nicht mit schweren psychiatri­schen Diagnosen zu tun. „Den meisten geht es nach kurzer Zeit bei uns schon besser.“Oft sei es der Beginn der Schulzeit, der dazu führe, dass die Kinder psychiatri­sche Hilfe benötigten. Das sei auch logisch, sagt Belinda Plattner. „Das Elternhaus stellt sich auf die Bedürfniss­e der Kinder ein. In der Schule kommt es dann zu Anpassungs­problemen.“So gebe es viele gescheite Kinder, die in der Schule die Leistung nicht bringen könnten.

Es gebe viele bekannte Beispiele von „speziellen“Menschen, wie Belinda Plattner sagt, die Besonderes leisteten. „Gustav Mahler hatte etwa große Schwierigk­eiten, sich zu konzentrie­ren. Der musste dann ganz abgeschied­en in den Bergen arbeiten.“Ein aktuelles Beispiel sei die jugendlich­e Umweltakti­vistin Greta Thunberg, bei der das AspergerSy­ndrom, eine Form von Autismus, diagnostiz­iert wurde und die nun weltbekann­t sei.

Anpassungs­probleme hat Belinda Plattner als Großstädte­rin im Pongau nicht gehabt. Kleine kulturelle Unterschie­de waren aber doch zu merken. „Kollegen merken immer wieder an, wenn ein Patient nicht grüßt. So etwas wäre in Wien kein Thema.“

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BILD: SN/PRLIC Belinda Plattner in ihrer neuen Praxis in St. Johann.

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