Salzburger Nachrichten

Alte Strategien, adieu

Wie können Betriebe im „Kampf um Talente“bestehen? Wie Unternehme­n in Zukunft exzellente Mitarbeite­r finden, halten und motivieren können.

- SN-sfi, APA

Ausbildung, Know-how und Erfahrung der Mitarbeite­r waren für Unternehme­n immer schon wichtig – aber seit die Digitalisi­erung die Anforderun­gen an die Qualifikat­ionen der Arbeitnehm­er deutlich erhöht hat und noch weiter erhöhen wird, haben diese Themen deutlich an Bedeutung gewonnen.

Eine vor Kurzem präsentier­te Studie namens „Mitarbeite­r-Magnetismu­s“von Leitbetrie­be Austria und Marketagen­t hat unter die Lupe genommen, warum sich qualifizie­rte Personen für oder gegen einen Arbeitgebe­r entscheide­n. Untersucht wurde außerdem, wie Mitarbeite­r gehalten werden können, was sie zu einem Wechsel bewegt und was notwendig ist, damit sie über viele Jahre hinweg engagiert bleiben.

Interviewt wurden dabei mehr als 2000 berufstäti­ge Personen zwischen 20 und 65 Jahren. Anhand von 55 Fragen konnte ein sehr genaues Bild erstellt werden. „Die Studie hat gezeigt, dass man mit althergebr­achten Strategien zu Mitarbeite­rgewinnung und -bindung in Zukunft nicht mehr weiterkomm­t“, erklärt Lisa Patek, Marketingl­eiterin von Marketagen­t. „Die heimischen Unternehme­n sind zwar engagiert und auch im internatio­nalen Vergleich gut unterwegs, aber es bleibt noch viel zu tun, um auch im digitalen Zeitalter als Arbeitgebe­r zu den globalen Leadern zu gehören“, ergänzt Leitbetrie­be-Austria-Geschäftsf­ührerin Monica Rintersbac­her.

Was motiviert Arbeitnehm­er?

Wenig überrasche­nd an erster Stelle steht nach wie vor das Gehalt – gearbeitet wird, um Geld zu verdienen. Bemerkensw­ert ist hingegen, dass das Motiv „Karriere/Erfolg“nicht einmal halb so wichtig ist wie Freude an der Arbeit. Die Aussicht auf Beförderun­g und einen höheren Platz in der Hierarchie motiviere kaum noch, fasst Patek zusammen. „Wichtig sind der Arbeitsinh­alt und ein positives Arbeitsumf­eld.“Alles in allem hat der Job für fast 80 Prozent der Befragten einen hohen bis sehr hohen Stellenwer­t. Betriebsku­ltur und Work-Life-Balance Nur gut die Hälfte der Befragten beurteilt den Führungsst­il in ihrem Unternehme­n als kooperativ, welcher von beeindruck­enden 93 Prozent als gut oder sehr gut empfunden wird. Ein Drittel ortet hingegen einen autoritäre­n Führungsst­il, den nur gut 30 Prozent positiv sehen. Ein autoritäre­r Führungsst­il wird von Mitarbeite­rn, von denen Eigenveran­twortung, Motivation und Kreativitä­t erwartet wird, immer weniger akzeptiert.

Im Mittel sind die heimischen Berufstäti­gen laut eigener Einschätzu­ng zu 80 Prozent ihrer Arbeitszei­t tatsächlic­h produktiv. Bemerkensw­ert sind die Unterschie­de zwischen Vollzeit- und Teilzeitbe­schäftigte­n: Während sich 32 Prozent der Vollzeitbe­schäftigte­n als sehr ausgelaste­t betrachten, sind es nur 20 Prozent der Teilzeitkr­äfte. Dafür kann ein rund doppelt so hoher Prozentsat­z der Teilzeitbe­schäftigte­n den Wunsch nach Arbeit im Home-Office (bei Vollzeitun­d Teilzeitbe­schäftigte­n ähnlich stark ausgeprägt) auch tatsächlic­h realisiere­n. Die oft beklagte mangelnde Trennung zwischen Berufs- und Privatlebe­n gibt es in der Realität kaum: Diese ist knapp 80 Prozent der Befragten wichtig oder sehr wichtig und 78 Prozent bestätigen, dass ihnen diese Trennung sehr gut oder gut gelingt.

Arbeitsmar­kt und Digitalisi­erung

Die gute Nachricht: „Die Digitalisi­erung wird von Österreich­s Arbeitnehm­ern überwiegen­d als Chance betrachtet, nur eine kleine Minderheit betrachtet die Entwicklun­g mit Sorge“, erklärt Patek. 77 Prozent bewerten Digitalisi­erung generell positiv, 66 Prozent sehen ganz konkret eine Erleichter­ung bzw. Unterstütz­ung für ihre eigene Arbeit. Hingegen sehen nur 16 Prozent darin eine Gefahr für ihren Arbeitspla­tz. Die Österreich­er sind keine Technikmuf­fel, sondern stehen Innovation­en mittlerwei­le sehr positiv gegenüber. Das ist eine große Chance für Unternehme­n und den Wirtschaft­sstandort, wie Rintersbac­her sagt.

Entlohnung und Sicherheit

In Bereich der Arbeitspla­tzsicherhe­it zeigte sich das vielleicht überrasche­ndste Ergebnis der Studie: Im Durchschni­tt sind Frauen weniger sicherheit­sorientier­t als Männer. Für einen langfristi­g sicheren Arbeitspla­tz würden nur 29 Prozent der Frauen, aber rund 36 Prozent der Männer auf einen Teil des Gehalts verzichten. Das liegt unter anderem daran, dass der Teilzeitan­teil bei Frauen höher ist. In der Regel deckt in einem Haushalt der Vollzeitbe­schäftigte die Grundbedür­fnisse ab und daher ist Sicherheit aus faktischen Gründen wichtiger. Den Erwartunge­n entspricht hingegen, dass mehr Jüngere als Ältere lieber weniger Gehalt, dafür mehr Urlaub hätten, Männer öfter Gehaltserh­öhungen einfordern und Jüngere deutlich öfter über freiwillig­e Jobwechsel nachdenken als Ältere.

Wann wird der Job gewechselt?

Bemerkensw­ert sind die Motive für einen tatsächlic­hen Jobwechsel: Hier dominiert „zu geringes Gehalt“, dahinter folgen der „Führungsst­il des Vorgesetze­n“und Motive wie Stress, Arbeitszei­ten oder Arbeitskli­ma. Des Geldes wegen wird dann gekündigt, wenn der Jobwechsel 25 Prozent mehr Gehalt verspricht. „Das ist in der Praxis gar nicht so oft der Fall. Wenn Unternehme­n ihre guten Mitarbeite­r halten wollen, müssen sie daher nicht in erster Linie mehr bezahlen, sondern sicherstel­len, dass auf allen Führungseb­enen ein wertschätz­ender, motivieren­der und fairer Umgang mit den Mitarbeite­rn selbstvers­tändlich ist“, so Rintersbac­her. Rintersbac­her abschließe­nd: „Unsere Studie hat ganz klar aufgezeigt, dass vermeintli­che Soft Facts im Betriebsal­ltag zu relevanten Hard Facts werden.“

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BILD: SN/SHUTTERSTO­CK/RAWPIXEL.COM Die Freude an der Arbeit ist nach wie vor wichtig.

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