Liebe zum Beruf zählt noch
Auch wenn der Begriff der „Liebe“zum Beruf heute nicht so modern wirkt wie Kreativpool, Innovationsmanagement oder Compliance – sie zählt immer noch etwas. So war ich mit meiner Frau und meiner dreijährigen Tochter im Supermarkt einkaufen. Ich sehe meine Frau beim Brot anstehen. Sie unterhält sich mit der Verkäuferin. Ich sehe, wie sie von ihr ein kleines Stück Brot als Kostprobe gereicht bekommt. Ich geselle mich dazu, meine kleine Tochter schaut interessiert vom Kindersitz des Einkaufswagens aus zu. Meine Frau ist vom Geschmack des gereichten Schwarzbrots überzeugt und wir kaufen ein Stück. Die Verkäuferin lächelt: „Darf es noch etwas sein?“„Ja, zwei Brioche.“Die Verkäuferin packt das Gebäck ein und fragt, ob unsere Tochter auch ein kleines Stück der Süßspeise möchte. Das Extrastück wird mit Begeisterung entgegengenommen. Ich bedanke mich recht herzlich. Die Tochter lächelt, wir lächeln und die Verkäuferin lächelt. Der Nachwuchs winkt der Verkäuferin noch zum Abschied, die Verkäuferin winkt zurück.
Das sind nicht Verkaufstricks, die die Frau hinter der Brottheke antreiben, es ist die Freude am Umgang mit Menschen und die Liebe zu ihrer Arbeit. Vielleicht denkt sie: „Ich hab doch einen schönen Beruf!“Ein kleiner Moment, große Wirkung: glückliche Verkäuferin, glückliche Kunden. Die Menschen merken sofort, wenn es jemand ehrlich mit ihnen meint. Wenn Menschen im Betrieb wählen können zwischen mehr Geld oder mehr Wertschätzung, siegen in den Umfragen der letzten Jahre immer die Wertschätzung und das persönliche Wohlergehen. Freilich kann man finanzielle Aufbesserung immer gut gebrauchen. Sie ersetzt aber nicht den Sinn der Hingabe zu einer Tätigkeit, zur Freude, die aus persönlicher, wohlwollender Interaktion entsteht.