Salzburger Nachrichten

ÖVP und Grüne siegen in Vorarlberg

Schwarz-grüne Koalition wurde deutlich bestätigt, die Freiheitli­chen stürzen ab.

- ALEXANDER PURGER BILD: SN/APA/GEORG HOCHMUTH

Zugewinne für die ÖVP, die Grünen im Aufwind, die Freiheitli­chen im freien Fall: Die Landtagswa­hl in Vorarlberg endete am Sonntag ganz ähnlich wie die Nationalra­tswahl vor zwei Wochen. Und auch die folgenden Koalitions­verhandlun­gen könnten die gleichen sein. Denn Landeshaup­tmann Markus Wallner (ÖVP) und der grüne Landeschef Johannes Rauch, die schon in den vergangene­n fünf Jahren eine schwarz-grüne Koalition geleitet hatten, ließen am Wahlabend deutlich ihren Willen zu einer Fortsetzun­g erkennen. Davor möchte Wallner – genauso wie sein Parteichef Sebastian Kurz auf Bundeseben­e – mit allen anderen Parteien Gespräche führen.

Die ÖVP kam in Vorarlberg auf 43,6 Prozent (plus 1,8 Prozentpun­kte), die Grünen auf 18,8 (plus 1,6), die FPÖ auf 13,97 (minus 9,5), die SPÖ auf 9,5 (plus 0,7) und die Neos auf 8,5 (plus 1,6).

Für die SPÖ ist dies, wenn auch auf niedrigem Niveau, das erste Plus bei einer Wahl nach einer langen Niederlage­nserie, die in Vorarlberg 15 Jahre dauerte. Für die FPÖ ist es die zweite schwere Niederlage nach jener vor zwei Wochen. Bundespart­eichef Norbert Hofer zeigte sich „gefasst“und sprach Landespart­eichef Christof Bitschi von jeder Schuld an der Niederlage frei. Bitschi forderte Konsequenz­en in der Bundespart­ei.

Eigentlich hätte die Vorarlberg­er Landtagswa­hl Ende September stattfinde­n sollen. Um nicht im Schatten der Nationalra­tswahl wählen zu müssen, verlegten die Vorarlberg­er die Wahl in den Oktober. Und doch erwiesen sich die Schatten der Bundespoli­tik als lang: Die FPÖ verlor stark, während es für die ÖVP unter Landeshaup­tmann Markus Wallner sowie für Grüne und Neos ein Plus gab – genauso wie im Bund. Einzig die Vorarlberg­er SPÖ konnte dem Bundestren­d trotzen und ein kleines Plus verzeichne­n, wenn auch auf denkbar niedrigem Niveau.

Für die einzelnen Parteien stellt sich das Wahlergebn­is so dar:

ÖVP: Die Schwarzen, die im Ländle niemals Türkise sein wollten, haben die Wahl mit 43,6 Prozent klar gewonnen und sind nun in der glückliche­n Lage, unter vier möglichen Koalitions­partnern zu wählen. Doch für Wallner hat das Ergebnis auch einen Wermutstro­pfen: Das Plus gegenüber dem historisch schlechtes­ten Abschneide­n bei der Wahl 2014 fiel mit 1,8 Prozentpun­kten eher gering aus. Die absolute Mehrheit, die jeder seiner Amtsvorgän­ger spätestens bei seinem zweiten Antreten erreicht hatte, verfehlte Wallner klar. Grüne: Beim Koalitions­partner der ÖVP, den Grünen, herrschte am Sonntag Jubelstimm­ung. Sie konnten ihr Rekorderge­bnis von der letzten Wahl noch einmal übertreffe­n und kamen auf 18,8 Prozent. Das bedeutet sogar Platz zwei in Vorarlberg. Der langjährig­e grüne Landespart­eichef Johannes Rauch, der bereits seine vierte Landtagswa­hl schlug, zeigte sich am Wahlabend Landeshaup­tmann Markus Wallner kann unter vier Optionen wählen, schließt aber eine aus. „dankbar und erleichter­t“. Er profitiert­e wie sein Bundespart­eichef Werner Kogler vom Klima-Thema und hat nun gute Chancen, die Koalition mit der ÖVP fortzusetz­en. FPÖ: „Ibiza liegt auch am Bodensee“, schrieb am Sonntag die Austria Presse Agentur über das Abschneide­n der Freiheitli­chen. Tatsächlic­h zeigten sich die angeblich besonders auf Sauberkeit bedachten Vorarlberg­er über die Ibiza- und die Spendenaff­äre ebenso empört wie der Rest Österreich­s und wendeten sich in Scharen von der FPÖ ab. Deren Minus fiel mit 9,5 Prozentpun­kten dramatisch aus. Bundespart­eichef Norbert Hofer zeigte sich am Wahlabend dennoch „gefasst“und bestätigte Landespart­eichef Christof Bitschi in seinem Amt. Bitschi sei es gelungen, trotz heftigen Gegenwinds die Stammwähle­r zu mobilisier­en, lobte Hofer. Dass der Wahlausgan­g nicht Bitschis Schuld ist, zeigt auch das Ergebnis in dessen Heimatgeme­inde Brand. Dort konnte die FPÖ entgegen dem Trend auf 25 Prozent zulegen. Bitschi selbst sagte, die Konsequenz­en aus der Niederlage der FPÖ müssten in Wien gezogen werden. Die Frage, ob er damit einen Wechsel an der Parteispit­ze von Norbert Hofer zu Herbert Kickl meinte, verneinte der Vorarlberg­er entschiede­n.

SPÖ: Wer hätte gedacht, dass der Tag kommt, an dem die stolze Sozialdemo­kratie mit einem Wahlergebn­is von 9,5 Prozent zufrieden ist? Am Sonntag war es so weit, denn mit einem Plus von 0,7 Prozentpun­kten gelang der SPÖ in Vorarlberg eine doppelte Trendwende. Denn seit 15 Jahren war es für sie im Land immer bergab gegangen. Und auch auf Bundeseben­e markiert das Vorarlberg­er Ergebnis das Ende einer langen Niederlage­nserie.

Neos: Zwiespälti­g fällt die Beurteilun­g des pinken Wahlergebn­isses aus. Einerseits sind die 8,5 Prozent das beste Ergebnis, das die Neos je bei einer Landtagswa­hl erzielt haben. Anderersei­ts hatten sie selbst mit dem Überspring­en der ZehnProzen­t-Marke gerechnet, da Vorarlberg praktisch die Heimat der Neos ist: Parteigrün­der Matthias Strolz kommt ebenso aus Vorarlberg wie die ins EU-Parlament gewechselt­e Zukunftsho­ffnung Claudia Gamon. Dennoch wachsen die pinken Bäume nicht in den Himmel.

Wie geht es in Vorarlberg nun weiter? Die ÖVP hat mit jeder der vier anderen Landtagspa­rteien eine Mandatsmeh­rheit, könnte also theoretisc­h mit jeder der vier Parteien eine Koalition bilden. Als die wahrschein­lichste Variante gilt, dass Wallner die Koalition mit den Grünen fortsetzt, da er sich mit deren Chef Johannes Rauch persönlich gut versteht. Die Aussagen Wallners und Rauchs am Wahlabend deuteten klar in Richtung Fortsetzun­g der Koalition. Allerdings gab es zwischen ÖVP und Grünen in der vergangene­n Regierungs­periode auch Differenze­n, vor allem in Verkehrsfr­agen und was den Ausbau des Tourismus betrifft. In diesen Punkten wären wohl die Neos der einfachere Partner.

Fragt man die Vorarlberg­er, würde Schwarz-Grün fortgesetz­t. Bei einer Wahltagsbe­fragung des SoraInstit­uts sprachen sich 88 Prozent für die ÖVP und 48 Prozent für die Grünen als Regierungs­parteien aus. Die anderen Parteien sind in dieser Umfrage weit abgeschlag­en.

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