ÖVP und Grüne siegen in Vorarlberg
Schwarz-grüne Koalition wurde deutlich bestätigt, die Freiheitlichen stürzen ab.
Zugewinne für die ÖVP, die Grünen im Aufwind, die Freiheitlichen im freien Fall: Die Landtagswahl in Vorarlberg endete am Sonntag ganz ähnlich wie die Nationalratswahl vor zwei Wochen. Und auch die folgenden Koalitionsverhandlungen könnten die gleichen sein. Denn Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) und der grüne Landeschef Johannes Rauch, die schon in den vergangenen fünf Jahren eine schwarz-grüne Koalition geleitet hatten, ließen am Wahlabend deutlich ihren Willen zu einer Fortsetzung erkennen. Davor möchte Wallner – genauso wie sein Parteichef Sebastian Kurz auf Bundesebene – mit allen anderen Parteien Gespräche führen.
Die ÖVP kam in Vorarlberg auf 43,6 Prozent (plus 1,8 Prozentpunkte), die Grünen auf 18,8 (plus 1,6), die FPÖ auf 13,97 (minus 9,5), die SPÖ auf 9,5 (plus 0,7) und die Neos auf 8,5 (plus 1,6).
Für die SPÖ ist dies, wenn auch auf niedrigem Niveau, das erste Plus bei einer Wahl nach einer langen Niederlagenserie, die in Vorarlberg 15 Jahre dauerte. Für die FPÖ ist es die zweite schwere Niederlage nach jener vor zwei Wochen. Bundesparteichef Norbert Hofer zeigte sich „gefasst“und sprach Landesparteichef Christof Bitschi von jeder Schuld an der Niederlage frei. Bitschi forderte Konsequenzen in der Bundespartei.
Eigentlich hätte die Vorarlberger Landtagswahl Ende September stattfinden sollen. Um nicht im Schatten der Nationalratswahl wählen zu müssen, verlegten die Vorarlberger die Wahl in den Oktober. Und doch erwiesen sich die Schatten der Bundespolitik als lang: Die FPÖ verlor stark, während es für die ÖVP unter Landeshauptmann Markus Wallner sowie für Grüne und Neos ein Plus gab – genauso wie im Bund. Einzig die Vorarlberger SPÖ konnte dem Bundestrend trotzen und ein kleines Plus verzeichnen, wenn auch auf denkbar niedrigem Niveau.
Für die einzelnen Parteien stellt sich das Wahlergebnis so dar:
ÖVP: Die Schwarzen, die im Ländle niemals Türkise sein wollten, haben die Wahl mit 43,6 Prozent klar gewonnen und sind nun in der glücklichen Lage, unter vier möglichen Koalitionspartnern zu wählen. Doch für Wallner hat das Ergebnis auch einen Wermutstropfen: Das Plus gegenüber dem historisch schlechtesten Abschneiden bei der Wahl 2014 fiel mit 1,8 Prozentpunkten eher gering aus. Die absolute Mehrheit, die jeder seiner Amtsvorgänger spätestens bei seinem zweiten Antreten erreicht hatte, verfehlte Wallner klar. Grüne: Beim Koalitionspartner der ÖVP, den Grünen, herrschte am Sonntag Jubelstimmung. Sie konnten ihr Rekordergebnis von der letzten Wahl noch einmal übertreffen und kamen auf 18,8 Prozent. Das bedeutet sogar Platz zwei in Vorarlberg. Der langjährige grüne Landesparteichef Johannes Rauch, der bereits seine vierte Landtagswahl schlug, zeigte sich am Wahlabend Landeshauptmann Markus Wallner kann unter vier Optionen wählen, schließt aber eine aus. „dankbar und erleichtert“. Er profitierte wie sein Bundesparteichef Werner Kogler vom Klima-Thema und hat nun gute Chancen, die Koalition mit der ÖVP fortzusetzen. FPÖ: „Ibiza liegt auch am Bodensee“, schrieb am Sonntag die Austria Presse Agentur über das Abschneiden der Freiheitlichen. Tatsächlich zeigten sich die angeblich besonders auf Sauberkeit bedachten Vorarlberger über die Ibiza- und die Spendenaffäre ebenso empört wie der Rest Österreichs und wendeten sich in Scharen von der FPÖ ab. Deren Minus fiel mit 9,5 Prozentpunkten dramatisch aus. Bundesparteichef Norbert Hofer zeigte sich am Wahlabend dennoch „gefasst“und bestätigte Landesparteichef Christof Bitschi in seinem Amt. Bitschi sei es gelungen, trotz heftigen Gegenwinds die Stammwähler zu mobilisieren, lobte Hofer. Dass der Wahlausgang nicht Bitschis Schuld ist, zeigt auch das Ergebnis in dessen Heimatgemeinde Brand. Dort konnte die FPÖ entgegen dem Trend auf 25 Prozent zulegen. Bitschi selbst sagte, die Konsequenzen aus der Niederlage der FPÖ müssten in Wien gezogen werden. Die Frage, ob er damit einen Wechsel an der Parteispitze von Norbert Hofer zu Herbert Kickl meinte, verneinte der Vorarlberger entschieden.
SPÖ: Wer hätte gedacht, dass der Tag kommt, an dem die stolze Sozialdemokratie mit einem Wahlergebnis von 9,5 Prozent zufrieden ist? Am Sonntag war es so weit, denn mit einem Plus von 0,7 Prozentpunkten gelang der SPÖ in Vorarlberg eine doppelte Trendwende. Denn seit 15 Jahren war es für sie im Land immer bergab gegangen. Und auch auf Bundesebene markiert das Vorarlberger Ergebnis das Ende einer langen Niederlagenserie.
Neos: Zwiespältig fällt die Beurteilung des pinken Wahlergebnisses aus. Einerseits sind die 8,5 Prozent das beste Ergebnis, das die Neos je bei einer Landtagswahl erzielt haben. Andererseits hatten sie selbst mit dem Überspringen der ZehnProzent-Marke gerechnet, da Vorarlberg praktisch die Heimat der Neos ist: Parteigründer Matthias Strolz kommt ebenso aus Vorarlberg wie die ins EU-Parlament gewechselte Zukunftshoffnung Claudia Gamon. Dennoch wachsen die pinken Bäume nicht in den Himmel.
Wie geht es in Vorarlberg nun weiter? Die ÖVP hat mit jeder der vier anderen Landtagsparteien eine Mandatsmehrheit, könnte also theoretisch mit jeder der vier Parteien eine Koalition bilden. Als die wahrscheinlichste Variante gilt, dass Wallner die Koalition mit den Grünen fortsetzt, da er sich mit deren Chef Johannes Rauch persönlich gut versteht. Die Aussagen Wallners und Rauchs am Wahlabend deuteten klar in Richtung Fortsetzung der Koalition. Allerdings gab es zwischen ÖVP und Grünen in der vergangenen Regierungsperiode auch Differenzen, vor allem in Verkehrsfragen und was den Ausbau des Tourismus betrifft. In diesen Punkten wären wohl die Neos der einfachere Partner.
Fragt man die Vorarlberger, würde Schwarz-Grün fortgesetzt. Bei einer Wahltagsbefragung des SoraInstituts sprachen sich 88 Prozent für die ÖVP und 48 Prozent für die Grünen als Regierungsparteien aus. Die anderen Parteien sind in dieser Umfrage weit abgeschlagen.