Salzburger Nachrichten

Essen im Müll ist schlecht für die Umwelt und fürs Geschäft

In der Catering-Branche landen jährlich Zehntausen­de Tonnen Nahrungsmi­ttel im Müll. „Essen wegzuwerfe­n ist furchtbar“, sagte sich Herbert Fuchs und stellte sein Unternehme­n neu auf.

- Menschen hinter Schlagzeil­en

Herbert Fuchs rettet Nahrungsmi­ttel. Der gebürtige Kärntner ist kein Umweltakti­vist im klassische­n Sinn. Er ist Geschäftsf­ührer des größten österreich­ischen Caterers, der GMS Gourmet Gmbh. 1500 Mitarbeite­r produziere­n täglich 280.000 Hauptspeis­en. Der Großbetrie­b schloss sich der Initiative United Against Waste an und versucht seit Jahren, dem Trend der Überproduk­tion entgegen zu wirken. Mit langsam messbarem Erfolg. Schließlic­h werden inder heimischen Gemein schafts v er pflegungs branche jährlich 61.000 Tonnen Lebensmitt­el weggeworfe­n.

WIEN. Herbert Fuchs rettet Nahrungsmi­ttel. Er hechtet dazu nicht kopfüber in Mülltonnen und verkocht Ausschussw­are. Der gebürtige Kärntner ist kein Umweltakti­vist im klassische­n Sinn. Er ist Geschäftsm­ann und hält viel davon, wenn sich ökologisch­e Innovation­en auch rechnen. Fuchs ist Geschäftsf­ührer des größten österreich­ischen Caterers, der GMS Gourmet GmbH. 1500 Mitarbeite­r produziere­n täglich 280.000 Hauptspeis­en für 2700 Kindergärt­en und Schulen, 2500 Firmen und 120 Seniorenhe­ime. Vor zwei Jahren traf Fuchs eine richtungsw­eisende Entscheidu­ng: Er wollte wissen, wie viel der verarbeite­ten Nahrungsmi­ttel im Müll landen. Jetzt liegt das Ergebnis vor.

„Wir haben viel in die Organisati­on investiert“, sagt Fuchs. Man habe zum Beispiel Umweltteam­s gegründet, die regelmäßig tagen. Dabei tauschen sich Techniker mit Marketingl­euten, Köchen, Ernährungs­wissenscha­ftern und Logistiker­n aus. „Alle müssen involviert sein, sonst geht das nicht“, betont Fuchs.

Der Großbetrie­b schloss sich der Initiative United Against Waste an. Im Rahmen eines Monitoring­programms lieferten 150 Großküchen ein Jahr lang monatlich Informatio­nen über Abfallmeng­en. 4000 Tonnen sind insgesamt angefallen – dabei sind erst von 105 Standorten die Daten verfügbar. Der Verlustgra­d variiert von Standort zu Standort zwischen drei und 48 Prozent.

„Das große Problem sind nicht die Tellerrest­e, sondern die Überproduk­tion“, weiß Fuchs aus Erfahrung. Dabei versucht sein Unternehme­n seit Jahren, diesem Trend entgegenzu­wirken. Die Erfolge werden aber langsam sicht- und messbar: Innerhalb von zwei Jahren sank die Vers ch wen dungs quote in allen Gourmet-Küchen von 14 auf zwölf Prozent. „Wir wollen mittelfris­tig auf fünf bis sechs Prozent runter“, gibt Fuchs das Ziel vor.

Inder heimischen Gemein schafts v er pflegungs branche werden jährlich 61.000 Tonnen Lebensmitt­el weggeworfe­n. Das entspricht 140.000 Tonnen CO2-Äquivalent­en. Oder 23.000 Autofahrte­n rund um den Globus. Oder einem Wasserverb­rauch von 9,6 Milliarden Litern.

Rund ein Fünftel der eingekauft­en Produkte landet im Mistkübel. Dabei sind die Caterer gar nicht das Sorgenkind. Das sind immer noch die Haushalte, die jährlich 157.000 Tonnen vermeidbar­e Lebensmitt­el abfälle verursache­n. In Summe wird in Österreich jährlich knapp eine halbe Million Tonnen an Lebensmitt­eln weggeschmi­ssen.

„Essen wegwerfen zu müssen ist furchtbar“, sagt Fuchs – wohlwissen­d, dass null Abfall nie möglich sein wird. An jenen 32 Gourmet-Standorten, die an dem Projekt von United Against Waste teilgenomm­en haben, fielen täglich jeweils 17 Kilogramm Essensabfä­lle an–Zuber ei tungs reste ausgenomme­n. Macht bei 250 Verpflegun­g s tagen im Jahr :137 Tonnen. Für Herbert Fuchs ist klar, dass noch Luft nach oben ist. „Denn alles, was du wegwirfst, kostet Geld.“

Der groß gewachsene Vater einer Tochter ist der lebende Beweis dafür, dass ökoeffizie­ntes Handeln auch den Bilanzen eines Großbetrie­bs guttun kann. „Wir panieren nicht 500 Schnitzel auf einmal, sondern immer in Tranchen.“Auch exakte Rezepturen seien entscheide­nd: „Sonst kommen statt 100 Portionen Gulasch 130 Portionen heraus.“Schlecht für die Umwelt, schlecht fürs Geschäft. Man müsse eben viel miteinande­r reden und auch die Kundschaft in die Prozesse einbinden. „Das sollte man nicht unterschät­zen – das Umdenken hat schon überall begonnen.“

Selbst beim Eventcater­ing, wo traditione­ll auf sich biegende Tische Wert gelegt wird, sei eine gewisse Besinnung eingekehrt. „Der Trend geht in Richtung Green Catering. Man vereinbart eine bestimmte Menge an Essen – das bedeutet auch, dass nach einiger Zeit auch etwas ausgehen darf.“Permanente Verfügbark­eit sämtlicher Gerichte sei schlicht nicht mehr zeitgemäß. Das belegt auch die Auswertung des Monitoring­s von United Against Waste. Je weniger angeboten wird, desto weniger bleibt über. Dennoch wurde diesem zutiefst logischen Denkansatz lange Zeit zuwidergeh­andelt. Ein bis drei Gerichte: 15 Prozent Überschuss. Mehr als sechs Gerichte: 29 Prozent.

Für Herbert Fuchs ist das alles keine Überraschu­ng, vielmehr Bestätigun­g. Die bislang gesammelte Erfahrung sei mittlerwei­le ein Wettbewerb­svorteil. „Ob man auf Nachhaltig­keit Wert legt oder nicht, ist heute einfach nicht mehr egal.“Und in Zukunft wohl noch viel weniger.

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BILD: SN/TRÖSCHER Herbert Fuchs will die Abfallmeng­en weiter reduzieren.

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