PiS-Wahlsieg vertieft Sorgen
Rechtskonservative Regierungspartei gewinnt die Parlamentswahl in Polen deutlich. Lech Walesa und zwei weitere ehemalige Staatspräsidenten warnen vor einem „Abgleiten in eine Diktatur.“
WARSCHAU. Es war ein Tag des Triumphs und der Rekorde für Jaroslaw Kaczynski. Nach den ersten, gewöhnlich zuverlässigen Prognosen fuhr seine rechtskonservative PiS bei der polnischen Parlamentswahl am Sonntag mit 43,6 Prozent nicht nur das beste Ergebnis für eine Partei seit dem Ende des Kommunismus ein. Erstmals seit 1989 gelang es auch einer regierenden Kraft, in der Wählergunst weiter zuzulegen. Die PiS verbesserte sich gegenüber ihrem Überraschungssieg von 2015 nochmals um sechs Punkte, und dies bei einer deutlich höheren Wahlbeteiligung. Nicht zuletzt konnte sich Kaczynski darüber freuen, dass die PiS aller Voraussicht nach mit einer absoluten Mehrheit von 239 der 460 Mandate allein weiterregieren kann.
Dennoch erklärte ein erschöpft und nachdenklich wirkender Kaczynski in seiner ersten Reaktion: „Wir haben gesiegt, trotz einer mächtigen Front gegen uns. Nun sollten wir uns einen Moment der Reflexion nehmen.“Allerdings waren am späten Abend noch Verschiebungen bei der Sitzverteilung im Sejm möglich. Das hing mit dem komplizierten polnischen Wahlrecht und dem überraschend guten Abschneiden zweier kleinerer Parteien zusammen.
Sowohl die Polenkoalition (KP) um die strukturkonservative Bauernpartei (9,6 Prozent) als auch die ultrarechte Konföderation (6,4) lagen in den Prognosen über der Fünf-Prozent-Hürde. Stärkste Oppositionskraft wurde die liberale Bürgerkoalition (KO) mit 27,4 Prozent vor dem Listenbündnis Lewica (Die Linke) mit enttäuschenden 11,9 Prozent.
Vermutlich war das schwache Ergebnis seiner langjährigen Gegner die größte Genugtuung für Kaczynski, der die katholisch-nationalkonservative PiS seit fast zwei Jahrzehnten mit autoritärer Machtfülle führt. Im Wahlkampf hatte er linken und liberalen Politikern immer wieder vorgeworfen, die „Werte des christlichen Polentums zu verraten“. Viele Beobachter in Warschau werteten dies als Beleg, dass Kaczynski seine Niederlage aus dem Jahr 2007 noch immer nicht verwunden hat, als ihn die Opposition nach nur einem Jahr im Amt des Ministerpräsidenten zu Neuwahlen zwang, die er dann allerdings deutlich verlor.
Vor diesem Hintergrund setzten am Wahlabend die ersten Spekulationen ein, dass der mittlerweile 70 Jahre alte Kaczynski die Regierung künftig als Premier selbst führen könnte. In den vergangenen vier Jahren hatte sich der PiS-Chef damit begnügt, hinter den Kulissen die Fäden zu ziehen, während auf offener Bühne Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und Staatschef Andrzej Duda agierten. Von der personellen Konstellation dürfte auch abhängen, ob Kaczynski in den kommenden Jahren eine illiberale Demokratie nach ungarischem Vorbild oder sogar ein autoritäres Regierungssystem zu installieren versucht.
Genau dieses Schreckensszenario hatten drei ehemalige Präsidenten an die Wand gemalt. Lech Walesa, der 1989 die friedliche Solidarnosc-Revolution zum Sieg führte, sein postsozialistischer Nachfolger Alexander Kwasniewski und der Liberalkonservative Bronislaw Komorowski warnten vor einem „Abgleiten Polens in eine Diktatur“.