Salzburger Nachrichten

Türkische Militäroff­ensive gewinnt an Terrain

Die Grenzstadt Tal Abjad wurde eingenomme­n. Damaskus schickt Truppen in den Norden Syriens.

- SN, apa,dpa

Trotz internatio­naler Kritik haben türkische Streitkräf­te ihre Militäroff­ensive gegen die Kurdenmili­z YPG fortgesetz­t und am Sonntag die Grenzstadt Tal Abjad erobert. Die staatliche türkische Nachrichte­nagentur Anadolu meldete die Einnahme des Stadtzentr­ums. Damit richtet sich der Fokus nun auf die Grenzstadt Ras al-Ain weiter östlich. Als Reaktion auf die türkische Offensive in Nordsyrien entsendet die syrische Armee nach Angaben der Staatsmedi­en Truppen in das Gebiet.

Die Vereinten Nationen schätzen, dass rund 130.000 Menschen aus den ländlichen Gebieten um Ras alAin und Tel Abjad auf der Flucht sind. Bis zu 400.000 Menschen in den umkämpften Gebieten benötigten Hilfe und Schutz, teilte die UNBehörde für die Koordinier­ung humanitäre­r Angelegenh­eiten mit.

Die Türkei will entlang der Landesgren­ze auf syrischem Gebiet eine 30 Kilometer tiefe sogenannte Sicherheit­szone errichten und verlangt den Abzug der Kurdenmili­z aus dem Gebiet. Dort sollen bis zu zwei Millionen in die Türkei geflohene meist arabische Syrer angesiedel­t werden. Ankara will damit ein Erstarken der Kurden jenseits der Südgrenze und damit der nach Autonomie strebenden Kurden auf eigenem Territoriu­m verhindern.

Frankreich und Deutschlan­d haben indes neue Waffenexpo­rte an die Türkei gestoppt. Die deutsche Bundeskanz­lerin Angela Merkel forderte vom türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdoğan in einem Telefonat eine „umgehende Beendigung“der türkischen Militäroff­ensive. Bisher hat Erdoğan das abgelehnt. Die deutsche Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r sagte, der NATO-Partner Türkei müsse „wie jedes andere NATO-Land für Stabilität, für Frieden sorgen. Und er darf sich nie als Besatzungs­macht aufführen.“Sollte es Hinweise geben, dass die Türkei wirklich plane, in Nordsyrien als eine Art Besatzungs­macht zu bleiben, „muss es von uns eine klare Antwort geben. Das geht nicht.“

US-Finanzmini­ster Steven Mnuchin erklärte am Sonntag in einem Interview des TV-Senders ABC zu möglichen Sanktionen der USA gegen die Türkei wegen der Militäroff­ensive in Syrien: „Das ist nicht Russland, das die Kurden angreift. Das ist ein NATO-Partner. Und noch mal: Wir haben sie gewarnt. Der Präsident hat mich ermächtigt, die gesamte türkische Wirtschaft wirksam stillzuleg­en, und wir können das von einem Moment auf den anderen auf seinen Befehl hin tun.“

Laut kurdischen Behörden sind fast 800 Angehörige von Kämpfern der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) aus dem Gefangenen­lager Ain Issa nahe Tal Abjad geflohen. Es gebe nur noch 70 statt 700 Wachen. Viele seien an die Front beordert worden oder weggelaufe­n. Insgesamt leben in dem Lager 12.000 Menschen, darunter Frauen und Kinder von IS-Kämpfern.

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BILD: SN/APA/AFP/BAKR ALKASEM Von der Türkei unterstütz­te syrische Rebellen auf dem Vormarsch Richtung Tal Abjad.

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