OeNBChef macht sich stark für höhere Zinsen
Der neue Chef der Nationalbank pocht auf einen Richtungswechsel der Europäischen Zentralbank.
Die umstrittenen Personalentscheidungen des neuen Gouverneurs der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) Robert Holzmann standen zwar im Mittelpunkt seines Auftritts am Sonntag in der ORF„Pressestunde“. Aber erstmals hatte der neue Mann an der Spitze der Nationalbank auch die Gelegenheit, seine Überlegungen zu den jüngsten geldpolitischen Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) zu präzisieren.
Er halte den eingeschlagenen Kurs der EZB für falsch, unterstrich Holzmann. „Wenn man der Überzeugung ist, dass etwas in die falsche Richtung geht, muss man das aussprechen“, begründete der von der FPÖ nominierte Manager seine im Anschluss an die EZB-Sitzung im September öffentlich geübte Kritik am EZB-Kurs, wo er von „Fehlern“der EZB ebenso sprach wie von „Widerstand“gegen getroffene Entscheidungen. Ein solches Auftreten gilt in dieser Form als unüblich im Umfeld der in der Regel auf Diskretion und Zurückhaltung bedachten Notenbanker. Dass die Darstellung einer gespaltenen oder gar zerstrittenen Zentralbank die Glaubwürdigkeit dieser stark auf Vertrauen basierenden Institution untergrabe, befürchtet Holzmann nicht. „Es gab schon ein Umdenken in der EZB, bevor ich hinkam“, sagte Holzmann. Und „in Zeiten des Umbruchs“könne man nicht mehr alles unter die Decke kehren.
Anders als die übrigen Mitglieder des Direktoriums habe er den Vorteil, „dass ich von draußen komme“, während die anderen die bisherigen Beschlüsse jahrelang mitgetragen hätten. „Ich bin der Einzige, der das Boot ein bisschen schütteln kann“, brachte es Holzmann auf den Punkt. Der 1949 im steirischen Leoben geborene Ökonom verbrachte den überwiegenden Teil seiner beruflichen Karriere im Ausland, vor allem bei der Weltbank in den USA.
In der Sitzung am 12. September hatte der scheidende EZB-Präsident Mario Draghi noch einmal ein Paket zur Ankurbelung der langsameren Konjunktur präsentiert. Die bereits negativen Einlagezinsen für Banken bei der EZB wurden von –0,4 auf –0,5 Prozent erhöht, somit werden Banken für Einlagen bei der EZB stärker bestraft als bisher. Zugleich kündigte Draghi die Wiederaufnahme der umstrittenen Wertpapierkäufe ab November im Ausmaß von 20 Mrd. Euro an.
„Das ist eine falsche Politik“, bekräftigte Holzmann am Sonntag. Die Abschwächung der Wirtschaft führt er vor allem auf die Entwicklungen im internationalen Handel zurück. „Eine weitere Verschärfung der Geldpolitik wird sicher nicht die Lösung sein.“Es müsse darüber nachgedacht werden, wie negative Realverzinsungen beseitigt werden könnten. Er hoffe zumindest, dass die Zinsen vor dem Jahr 2025 – wie von Ökonomen angenommen – wieder steigen werden.
Holzmann trat mit Anfang September seine Funktion als Nachfolger von Ewald Nowotny an der Spitze der OeNB an. Für Aufregung sorgten ungewöhnlich schnelle Personalentscheidungen kurz nach seinem Amtsantritt. Holzmann hatte unter anderem der Personalchefin der OeNB gekündigt, sie wurde vom Sicherheitsdienst zum Ausgang „begleitet“. Diese – mittlerweile wieder zurückgenommenen – Maßnahmen waren weder mit dem Betriebsrat noch mit den beiden ÖVP-nahen Direktoriumsmitgliedern abgestimmt worden.
Holzmann rechtfertigte seine Vorgangsweise damit, dass er keine andere Möglichkeit gehabt habe. „Ich habe richtig gehandelt. Ich habe das prüfen lassen – und ich würde nochmals so handeln.“
Aktuell läuft eine Untersuchung der Vorfälle, die bis Ende Oktober abgeschlossen sein soll. Dann obliege es OeNB-Präsident Harald Mahrer, wie damit umgegangen werde. „Ich bin absolut für Transparenz“, unterstrich Holzmann.
Mahrer erklärte am Samstag, er sehe das Ansehen der Notenbank durch den umstrittenen Alleingang von OeNB-Gouverneur Holzmann in Personalfragen nicht beschädigt. Man habe durch schnelles Einschreiten „Handlungsfähigkeit und Entschlussfreude“gezeigt und der Gouverneur habe sich entschuldigt, sagte Mahrer in der Ö1-Reihe „Im Journal zu Gast“des ORF-„Mittagsjournals“. Mahrer erwartet den Prüfbericht zu den Vorfällen durch den früheren Bawag-Ankläger Georg Krakow bis zur nächsten Generalratssitzung am 31. Oktober. Insgesamt sieht er die Causa als weitgehend erledigt an. „Wir sind auf gutem Wege, uns wieder in normale Fahrwasser zu bewegen.“
Von der für Sparer höchst unbefriedigenden Zinssituation – die Zinsen liegen nominell nur knapp über null Prozent, abzüglich der Inflation ist ein Sparbuch real ein Verlustgeschäft – sei auch er betroffen, erklärte der Nationalbank-Gouverneur. Er habe „eine Reihe von Sparbüchern, wo einige Hundert Euro drauf sind“. Bedingt durch die Übersiedlung habe er einen Überziehungskredit zu bedienen.
„Ich bin der Einzige, der dieses Boot ein bisschen schütteln kann.“Robert Holzmann, OeNB-Chef