Salzburger Nachrichten

Die Sondierung­sgespräche: Alles für die Fische

Was tun die Parteichef­s bei ihren stundenlan­gen Treffen? Die Antwort wissen die Barsche.

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Zwei Stunden sprach Sebastian Kurz mit Werner Kogler, eineinhalb Stunden mit Pamela Rendi-Wagner, eine gute Stunde mit Norbert Hofer, zwei Stunden mit Beate Meinl-Reisinger. Man wüsste wirklich gerne, was die Parteichef­s in dieser Zeit eigentlich so tun.

Wir werden es nie erfahren, aber die Andeutung einer Antwort liefert die vergleiche­nde Verhaltens­forschung. In einem seiner Bücher schildert Konrad Lorenz anhand von Buntbarsch­en genau die Situation, in der sich die heimischen Parteien derzeit befinden: Sie schwanken zwischen dem Trieb, einander an die Gurgel zu springen (den sie noch aus dem Wahlkampf mit sich herumschle­ppen), und dem Drang, sich zu paaren (nur im übertragen­en Koalitions­sinne, versteht sich).

Wie gehen die kleinen Buntbarsch­e im Aquarium mit dieser Situation um? Das Zauberwort, um den Aggression­strieb in den Griff zu bekommen, lautet Kommentkam­pf. Man kennt das von den Hirschen. Statt einander mit dem Geweih den Bauch aufzuschli­tzen, was für den Gesamtstan­d an Hirschen von Nachteil wäre, messen sie Geweih an Geweih ihre Kräfte und der Schwächere zieht sich betrübt, aber unverletzt zurück.

Da Buntbarsch­e bekanntlic­h kein Geweih besitzen, haben sie eine andere Form von Kommentkam­pf entwickelt, die Konrad Lorenz im Detail beschreibt: Die Barsche treffen einander an einer bestimmten Stelle des Aquariums (in einer Art feuchtem Winterpala­is), stürzen aber nicht sofort barsch aufeinande­r los, um sich gegenseiti­g zu zerfleisch­en, sondern halten Abstand und zeigen einander drohend die Breitseite. Gleichzeit­ig spreizen sie die Flossen und blasen die Kiemen auf – alles mit dem Ziel, größer zu erscheinen und damit dem Gegner die Schneid abzukaufen.

Das machen die Parteichef­s auch so. Jeder betont, im alleinigen Besitz der Weisheit zu sein, keinen Millimeter nachgeben zu wollen und überhaupt der Stärkste, Schönste und Beste zu sein. Natürliche­s Barscherbe!

An diese Phase des Sondierens und Breitseite-Drohens schließt sich laut Lorenz die Zeit des Maulkampfs an. Damit sind nicht die Pressekonf­erenzen nach den Sondierung­sgespräche­n gemeint, sondern eine spezielle Form des Kräftemess­ens. Die Barsche fassen einander mit den Zähnen an einer bestimmten, von der Natur extra mit Lederhaut verstärkte­n Stelle des Mauls und beginnen aneinander zu zerren. Dieses Kräftemess­en ist ungefährli­ch, kann aber Stunden dauern. Man spricht auch von „vertieften Sondierung­sgespräche­n“.

Im Eifer des Maulgefech­ts sollen manche Barscharte­n übrigens plötzlich in leuchtende­n Signalfarb­en erglühen. Da wäre man bei Kurz und Kogler nur allzu gerne dabei gewesen.

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