Spaniens Separatisten wollen weiter kämpfen
Spaniens Oberstes Gericht verurteilte katalanische Politiker zu hohen Haftstrafen.
MADRID. Die Reaktion auf die langen Gefängnisstrafen für katalanische Separatistenführer ließ nicht lange auf sich warten. Schon kurz nachdem Spaniens Oberster Gerichtshof am Montag das Urteil verkündet hatte, gingen Zehntausende Befürworter der Unabhängigkeit Kataloniens auf die Straße. In Barcelona und anderen Orten blockierten sie Straßen und Bahnstrecken.
Am Morgen hatten die obersten Richter nach monatelangen Beratungen ihre Entscheidung verkündet: Neun katalanische Politiker, die vor zwei Jahren illegal die Unabhängigkeit Kataloniens betrieben hatten, erhielten Haftstrafen zwischen neun und dreizehn Jahren. Drei weitere Beschuldigte kamen mit Geldstrafen und einem Politverbot davon.
Die höchste Strafe, 13 Jahre Gefängnis, erhielt der frühere katalanische Vizeregierungschef Oriol Junqueras. Der 50-jährige Chef der Unabhängigkeitspartei Esquerra Republicana (Republikanische Linke) wurde wegen Landfriedensbruchs und der Zweckentfremdung staatlicher Gelder verurteilt. Von seinem Weg will sich Junqueras, der seit zwei Jahren in U-Haft sitzt, nicht abbringen lassen. „Es gibt keine andere Möglichkeit, als einen neuen Staat zu konstruieren“, ermunterte er seine Anhänger, weiter für die Unabhängigkeit zu kämpfen.
Zusammen mit Junqueras wurden acht weitere ehemalige katalanische Regionalminister, zwei prominente Bürgeraktivisten und die frühere Präsidentin des Regionalparlaments schuldig gesprochen.
Den Verurteilten wurde angelastet, entgegen einem Verbot des spanischen Verfassungsgerichts das Unabhängigkeitsreferendum im Herbst 2017 organisiert zu haben. Zudem sahen es die Richter als erwiesen an, dass die Separatisten ihre Anhänger dazu aufgerufen hatten, das Abstimmungsverbot zu ignorieren und sich der Polizei entgegenzustellen – was die Richter als Organisation eines „öffentlichen Aufstands“werteten.
Der Prozess galt als der wichtigste der spanischen Demokratiegeschichte. Denn in diesem Verfahren ging es nicht nur um die juristische Aufarbeitung des Referendums und der nachfolgenden Abspaltungserklärung im Oktober 2017. Sondern es standen auch die Grundpfeiler des Staates, wie etwa politische Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit, auf dem Prüfstand. Die Separatisten sehen sich als Opfer eines „politischen Schauprozesses“.
Carles Puigdemont, der bekannteste Kopf der Unabhängigkeitsbewegung, saß nicht auf der Anklagebank. Er war nach Einleitung der Ermittlungen nach Belgien geflohen. Dort residiert er seit zwei Jahren nahe Brüssel in einer Villa. Von dort setzt er seine internationale Kampagne für die Unabhängigkeit fort.
Doch nun könnte es für Puigdemont eng werden: Kurz nach der Verkündung der Urteile schickte der Oberste Gerichtshof in Madrid einen internationalen Haftbefehl an die belgischen Behörden.