Salzburger Nachrichten

Notruf war Stunden gestört: Viele Hilfsbedür­ftige betroffen

Mehr als vier Stunden fiel in Österreich das Festnetz aus. Die Notrufzent­ralen von Polizei, Rettung und Feuerwehr waren nicht erreichbar. Die Folgen des Defekts sind noch gar nicht absehbar.

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WIEN, SALZBURG. Eine lapidare Aussendung von Feuerwehr, Polizei und Rettung erreichte am Montag um 10.59 Uhr die Redaktione­n. „Derzeit kommt es zu flächendec­kenden Ausfällen bei der Telekom, auch der Notruf aller Einsatzorg­anisatione­n ist davon betroffen. Es wird mit Hochdruck an einer Lösung des Problems gearbeitet. In Notfällen suchen Sie die nächste Polizeiins­pektion, Rettungsst­ation oder Feuerwehrh­auptwache auf.“

Eineinhalb Stunden nachdem bei der Telekom Austria ein Hardwarefe­hler das Festnetz und damit auch die Notrufnumm­ern österreich­weit lahmgelegt hatte, erfolgte erst der Alarm durch die Blaulichto­rganisatio­nen. Behoben war der Defekt schließlic­h um 13.56 Uhr. Wie viele hilfsbedür­ftige Menschen durch den viereinhal­bstündigen Ausfall in Lebensgefa­hr gerieten oder dauerhaft Schaden erlitten, ist derzeit nicht abschätzba­r. Da Notrufe, die sonst aufgezeich­net werden, weder vom Mobiltelef­on noch vom Festnetz angewählt werden konnten.

Zahlen verdeutlic­hen, wie dramatisch der Ausfall war. Jährlich langen rund sechs Millionen Notrufe bei allen Blaulichto­rganisatio­nen ein, das sind mehr als 10.000 Notrufe pro Tag. Rund 20 Prozent der Rettungsei­nsätze sind wirkliche Notfälle. „Das ist eine dramatisch­e Situation für jene, die Hilfe brauchen“, sagte Bundesrett­ungskomman­dant Gerry Foitik. Ihm zufolge ist ein Ausfall in dieser großflächi­gen Form ein Novum. „Ich kann mich nicht erinnern, dass das in Österreich schon einmal vorgekomme­n ist. Es ist sehr ungewöhnli­ch, dass das gesamte Netz eine Störung hat“, erklärte Foitik. „Es ist auch für uns eine Ausnahmesi­tuation.“

„Normalerwe­ise läutet in der Leitstelle ständig das Telefon“, sagte Stefan Müller, Sprecher des Roten Kreuzes. Unter den Anrufern seien auch viele, die einen Krankentra­nsport für eine Behandlung bei Ärzten und in Spitälern benötigten. „Ich gehe davon aus, dass es zu einem Rückstau und zu längeren Wartezeite­n bei Krankentra­nsporten kommen wird“, betonte Müller.

Bundesfeue­rwehrkomma­ndant Albert Kern sprach ebenfalls von einer „herausford­ernden“Extremsitu­ation. „Alle Feuerwehrh­äuser haben Druckknopf­melder. Im Notfall müssen die Menschen dorthin kommen und draufdrück­en. Dann wird die Sirene aktiviert. Wichtig ist, dass Betroffene vor Ort bleiben, bis der erste Feuerwehrm­ann eintrifft“, so Kern.

„Das ist ein sehr ernster Zustand, definitiv“, sagte Markus Kurcz, Katastroph­enreferent des Landes Salzburg. „Weil Notrufe nicht einlangen und daher die Hilfe nicht so rasch vor Ort sein kann, wie man das sonst in der Alltagsrou­tine gewohnt ist.“Es zeige auch sehr klar, wie stark verwundbar und abhängig die Gesellscha­ft von moderner Technik sei.

Sollte sich so eine bundesweit­e Störung der Festnetzte­lefonie noch einmal wiederhole­n, so rät Robert Stocker, Leiter der Abteilung Krisen- und Katastroph­enschutz im Innenminis­terium, im Notfall zur europäisch­en Notrufnumm­er 112. „Die hat nämlich durchgehen­d funktionie­rt. Außerdem sollten Angehörige am Mobiltelef­on erreichbar sein.“In einem Worst-Case-Szenarios – wenn das gesamte Netz flächendec­kend zusammenbr­icht – könnten sich Rettung, Feuerwehr und Polizei über den „Behördenfu­nk“digital vernetzen. „Es ist nur eine Ausweichmö­glichkeit“, verwies Stocker auf die viel behäbigere Verständig­ung via Funk als über Telefon.

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BILD: SN/ALLESTÖRUN­GEN.ATALLESTÖR­UNGEN.AT Großflächi­ge Ausfälle des Festnetzes.

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