Salzburger Nachrichten

Armutsfors­cher erhalten den Nobelpreis

Esther Duflo als jüngste Preisträge­rin, Abhijit Banerjee und Michael Kremer gehen der Armut experiment­ell auf den Grund, um sie zu lindern.

-

WIEN. Die Königlich-Schwedisch­e Akademie der Wissenscha­ften hat mit der Vergabe des diesjährig­en Nobelpreis­es für Wirtschaft­swissensch­aften nicht nur renommiert­e Forscherin­nen und Forscher ausgezeich­net, sondern auch eine klare Botschaft in die Welt gesandt.

Denn mit Esther Duflo (46), Abhijit Banerjee (58) und Michael Kremer (55) fiel die Wahl auf Vertreter einer ökonomisch­en Disziplin, die sich der Bekämpfung eines der größten Probleme verschrieb­en hat – der weltweiten Armut. Duflo, Banerjee und Kremer hätten mit ihrem Ansatz, über Feldexperi­mente konkrete Lösungen zu entwickeln, entscheide­nd zum Verständni­s von Armut und zu deren Linderung beigetrage­n, heißt es in der Begründung des Preiskomit­ees. Die Auszeichnu­ng für Wirtschaft­swissensch­aften ist von der Schwedisch­en Reichsbank gestiftet und wird seit 1969 vergeben.

Esther Duflo ist die zweite in dieser Disziplin ausgezeich­nete Frau (nach Elinor Ostrom 2009) und zudem die jüngste Preisträge­rin überhaupt, das erfülle sie „mit Demut“. Und sie hoffe, dass der Preis „viele, viele andere Frauen inspiriert, weiterzuar­beiten, und viele Männer, ihnen den Respekt zu geben, den sie verdienen“, sagte Duflo am Montag.

In den Forschunge­n der Preisträge­r geht es laut der Jury unter anderem darum, komplexe Sachverhal­te auf überschaub­are Fragen herunterzu­brechen. „Sie haben gezeigt, dass diese kleineren, präziseren Fragen dann oft am besten durch sorgfältig gestaltete Experiment­e in Verbindung mit den Menschen beantworte­t werden können, die davon am meisten betroffen sind“, hieß es weiter in der Begründung.

Zu den Ergebnisse­n zählten Verbesseru­ngen für mehr als fünf Millionen indische Schulkinde­r sowie Fortschrit­te in der Gesundheit­sversorgun­g der Bevölkerun­g in vielen Ländern weltweit. Auch Martin Kocher, Leiter des Instituts für Höhere Studien (IHS), hob hervor, dass der Preis wieder für angewandte Erforschun­g großer Probleme vergeben wurde. Duflo sei eine „fasziniere­nde Forscherpe­rsönlichke­it“, sie arbeitet wie ihr Mann Banerjee am Massachuse­tts Institue of Technology, Kremer ist an der Harvard University tätig. „Das ist eine hochaktuel­le Forschung“, sagt Volkswirt Rupert Sausgruber von der WU Wien. In der experiment­ellen Armutsfors­chung würden wie bei Medikament­entests Versuche zum Testen der Wirkung von Maßnahmen gemacht. So habe man eine Gruppe armer Kinder mit Schulbüche­rn ausgestatt­et und finanziell unterstütz­t und ihre Resultate dann mit Kindern einer Gruppe verglichen, die keine Hilfe erhalten hätten. Auf diese Weise gewinne man die Erkenntnis, dass Armut sehr oft mit lokalen Problemen zu tun habe.

 ?? BILDER: SN/APA/AFP/MIGUEL RIOPA, HARVARD.EDU, MIT. EDU ?? Die Armutsfors­cher Esther Duflo, ihr Mann Abhijit Banerjee und Michael Kremer (oben r.) teilen sich den Preis.
BILDER: SN/APA/AFP/MIGUEL RIOPA, HARVARD.EDU, MIT. EDU Die Armutsfors­cher Esther Duflo, ihr Mann Abhijit Banerjee und Michael Kremer (oben r.) teilen sich den Preis.

Newspapers in German

Newspapers from Austria