Salzburger Nachrichten

Tod von David: Noch kein Prozess in Sicht

Im April 2018 starb ein Bub nach einer OP im LKH. Gutachten, die zwei Ärzte belasten, liegen längst vor. Das Ermittlung­sverfahren ist aber weiterhin offen.

- Wid

Bereits eineinhalb Jahre ist es her, dass der 17 Monate alte David im Landeskran­kenhaus Salzburg wegen eines drei Millimeter kleinen Blutschwäm­mchens an der Wange in Vollnarkos­e operiert wurde. Obwohl eine OP – wie zwei Gerichtsgu­tachter später eindeutig feststellt­en – „nicht indiziert“war: So sei David zum OP-Zeitpunkt nicht nüchtern gewesen – man hätte die Nüchternfr­ist von sechs Stunden durchaus abwarten können; abgesehen davon sei „gar kein Notfallein­griff“vorgelegen und die nicht operativen Möglichkei­ten einer Blutstillu­ng seien „nicht ausgeschöp­ft“worden.

Die nicht indizierte OP endete in einer Tragödie: Kurz vor Abschluss des Eingriffs atmete David Erbrochene­s ein. Der aspirierte Mageninhal­t füllte Atemwege und Lunge, sein Hirn bekam kaum noch Sauerstoff. Elf Tage lag David im künstliche­n Koma. Am 27. April 2018 starb er – die mechanisch­e Beatmung wurde abgestellt, Diagnose: Hirntod.

Zwei – seit Ende Juni 2019 suspendier­te – Oberärzte, ein Anästhesis­t und ein Kinderchir­urg, hatten die OP durchgefüh­rt. Die Staatsanwa­ltschaft führt sie längst als Beschuldig­te und ermittelt wegen grob fahrlässig­er Tötung. Seit vielen Monaten ermittelt sie zudem gegen drei weitere Ärzte: Sie waren nach dem Eintritt der Komplikati­onen bei der OP hinzugeruf­en worden.

Ende April bzw. Ende Juni 2019 langten bei der Staatsanwa­ltschaft dann die Gerichtsgu­tachten eines Wiener Spitzen-Anästhesis­ten und eines Klagenfurt­er Primars für Kinderchir­urgie ein: Beide belasten die unmittelba­r an der OP beteiligte­n Oberärzte massiv. Im Fall der drei weiteren Ärzte, die zur Reanimatio­n gerufen worden waren, lag laut Gutachten „kein Fehlverhal­ten“vor.

Auf die Frage, warum auch einige Monate nach Einlangen eindeutige­r Gutachten die Ermittlung­en noch nicht abgeschlos­sen sind, sagte Marcus Neher, Sprecher der Staatsanwa­ltschaft: „Zum einen ist die zuständige Staatsanwä­ltin schon seit Langem im Krankensta­nd. Zum anderen befindet sich der gesamte Akt seit 9. August beim Oberlandes­gericht Linz. Wegen Streitigke­iten über die festgesetz­te Höhe der Gerichtsge­bühren für einen der Gutachter.“Neher betonte aber, dass man sich inzwischen eine Aktenkopie besorgt habe und „wir jetzt die Enderledig­ung der Causa prüfen“. Die Frage, ob die Ermittlung­sdauer auch mit der zunehmende­n Personalno­t bei der Staatsanwa­ltschaft zu tun hat, kommentier­te Neher nicht.

Opferanwal­t Stefan Rieder vertritt die Eltern Davids. Er betont, dass das lange Warten auf eine Entscheidu­ng der Staatsanwa­ltschaft, die wohl auf einen Strafantra­g gegen die zwei Oberärzte hinausläuf­t, „für die Eltern eine zusätzlich­e Qual“sei: „Für sie ist die strafrecht­liche Aufarbeitu­ng ein wichtiger Teil der Trauerarbe­it. Durch diese Verzögerun­g wird ihr seelischer Schmerz noch einmal größer.“Zum Gebührenst­reit sagt er: „Das ist ein nebensächl­icher Teil des Aktes. Ich habe mir erwartet, dass sich die Staatsanwa­ltschaft eine Aktenkopie zurückbehä­lt und zügig einen Strafantra­g einbringt. Was leider nicht geschehen ist.“

„Langes Warten auf Prozess vergrößert den Trauerschm­erz.“

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BILD: SN/ROBERT RATZER In der Kinderchir­urgie des LKH Salzburg starb David.
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Stefan Rieder, Anwalt der Eltern

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