Der Telefon-Ausfall zeigt, wie abhängig wir sind
Vier Stunden kein Festnetz in Österreich zeigen, wie verletzlich unsere Infrastruktur ist. Und niemand ist schuld.
„Eins-zwo-zwo – lichterloh, eins-drei-drei – Polizei, eins-vier-vier – hilft er dir.“Mit diesen Merksprüchen kann man sich die Notrufnummern von Feuerwehr, Polizei und Rettung leicht merken. Die beliebten Kinderreime haben am Montag vier Stunden lang aber nichts geholfen. Das Festnetz der Telekom Austria erwies sich als alles andere als „gut und alt“und fiel komplett aus. Was zur Folge hatte, dass auch die Hilfsorganisationen zum großen Teil nicht erreichbar waren. Ein Schock für das an Sicherheit gewöhnte Österreich. So ein Blackout hatte es noch nie in der Geschichte der modernen Telefonie gegeben.
Pro Tag gibt es rund 10.000 Notrufe in Österreich. Das bedeutet, dass in den vier Stunden Stille rund 1700 Telefonate ins Leere gegangen sind. Wenn man weiß, dass mindestens 20 Prozent der Notrufe tatsächlich ernste Fälle betreffen, so waren rund 300 Menschen wirklich in Gefahr und ohne rasche Hilfe.
Der offizielle Rat, die Menschen mögen im Ernstfall rasch zu den nächstgelegenen Dienststellen eilen und sich persönlich an Polizei, Rettung oder Feuerwehr wenden, wirkt realitätsfern und beinahe zynisch, wenn man weiß, dass es in vielen Gemeinden Österreichs längst keine Polizei mehr gibt. Im Gegensatz zur Feuerwehr ist auch die Rettung nicht mehr in jedem Dorf zu Hause.
Befremdlich ist der Streit über Zuständigkeit und Verantwortung. Die beteiligten Firmen, Behörden und Ministerien schieben den Schwarzen Peter dem jeweils anderen zu. Wenn im Land wie neulich zum Test die Sirenen heulen, dann lässt sich das Innenministerium für die erfolgreiche Übung feiern. Wenn alle Notdiensttelefone stundenlang stillstehen und die betroffenen Organisationen viel zu spät davon erfahren, ist plötzlich niemand mehr zuständig.
Der Telefon-Ausfall zeigt uns, wie verletzlich unsere heile Telekommunikationswelt geworden ist, auf welch tönernen Beinen unsere Infrastruktur-Gesellschaft steht. Bei kleineren Ausfällen wie zuletzt beim Telefon steigt der Pegel der Nervosität enorm. Was passiert erst bei einem totalen Blackout? Stunden oder gar Tage ohne Licht, Wärme, Telefonie, Computer, Smartphone, Wasser, Heizung, Herd, öffentliche Verkehrsmittel, Sprit? Undenkbar?
Vom digitalen Vollbetrieb, in dem unser Leben 24 Stunden an sieben Tagen pulst, zum plötzlichen Stillstand ist es nur ein schmaler Grat. Die vollständige Abhängigkeit von der Technik macht unseren modernen Lebensstil extrem verwundbar. Wir sollten mehr tun, um ihn zu schützen.