Was einen guten Schlaf ausmacht
Rund 25 Prozent der österreichischen Bevölkerung kämpfen mit Schlafproblemen. Die Hauptursachen sind zu viel Stress und eine schlechte „Schlafhygiene“. Mit einfachen Maßnahmen kann man viel für besseren Schlaf tun.
Rund 25 Prozent der Österreicher kämpfen mit Schlafproblemen. Die Hauptursachen sind zu viel Stress und eine schlechte „Schlafhygiene“.
Der Schlafforscher Manuel Schabus vom Schlaflabor der Universität Salzburg gibt wertvolle Tipps, wie man seine Schlafqualität verbessern kann. Halbjährlich diskutiert man, ob der Wechsel von Sommerzu Winterzeit und umgekehrt nicht ungesund sei und zu Schlafstörungen führe. Was sagt der Schlafforscher?
Manuel Schabus: In unserer großen Umfrage „Wie schläft Österreich?“ist zu unserer Überraschung herausgekommen, dass sich die Zeitumstellung „wenig gravierend“auswirkt. Ungefähr ein Viertel der Befragten gibt an, sie hätten Probleme mit der Zeitumstellung. 76 Prozent sagen, sie hätten damit keine gröberen Probleme und könnten das unmittelbar oder in ein, zwei Tagen schaffen. Im Herbst ist das Problem ohnehin kleiner, weil man eine Stunde länger schlafen darf. Unabhängig davon: Wie viele Menschen sind in Österreich von größeren Schlafproblemen betroffen? In unserer Umfrage sind es etwas mehr als 25 Prozent, die angeben, unter Schlafproblemen zu leiden. Zusätzlich geben 41 Prozent an, öfter schlecht zu schlafen. Man muss aber dazusagen, dass Onlineumfragen hier nicht wirklich repräsentativ sind und klinische Probleme etwas niedriger anzusiedeln sind. Was sind die Hauptursachen für Schlafstörungen? Die Hauptursache für Schlaflosigkeit ist heute sicherlich der chronische Stress. Die Leute können sich am Abend nicht mehr beruhigen und abschalten. Dadurch können sie oft nur schwer einschlafen oder sie wachen oft auf. Der Schlaf ist damit nicht mehr erholsam. Welche Faktoren spielen außer Stress noch eine Rolle? Eine weitere Ursache ist zum Beispiel eine schlechte Schlafhygiene. Die Leute gehen sehr unregelmäßig ins Bett. Sie gehen von etwas Aktivierendem wie einer Fernsehsendung schlafen. Von einem Actionthriller zum Beispiel, wo es gerade sehr aufregend zugegangen ist. Oder sie beschäftigen sich im Bett noch mit dem Handy und sind neben aktivierenden Inhalten auch dem Blaulicht ausgesetzt. Weil Sie von aktivierenden Faktoren sprechen: Wie steht es mit Sport am Abend? Es gibt relativ große Unterschiede zwischen den Menschen, wie schnell sich der Körper nach Sport wieder entspannt. Manche können unmittelbar danach ins Bett. Andere benötigen mehrere Stunden, bis der Körper wieder richtig heruntergefahren ist. Das muss man selbst herausfinden, wie knapp vor dem Schlafengehen man Sport machen kann, ohne dann wachzuliegen. Üblicherweise wirkt Bewegung jedoch sehr entspannend und schlaffördernd. Welche Rolle spielen medizinische Gründe, wie nächtliche Atmungsstörungen (Schlafapnoe)? Das Problem dabei ist, dass man phasenweise keine Luft bekommt und dadurch aufwacht. Dagegen verwendet man sogenannte Protrusionsschienen, die man sich, individuell angepasst, wie bei Boxern auf die Zähne setzt. Sie öffnen den Rachenraum. Rückenlage und Übergewicht sind weitere Faktoren, die das Schnarchen und die Apnoe verschlimmern. Schlechte Schlafhygiene haben Sie schon angesprochen: Welche Tipps zum guten Einschlafen haben Sie? Dazu gehört eine ausreichende Schlafdauer von sieben bis neun Stunden bei Erwachsenen, die wenigsten schaffen das. Dazu gehört regelmäßiger Schlaf: immer zur gleichen Zeit schlafen gehen, plus/minus eine halbe Stunde, zumindest während der Arbeitswoche. Schlafrituale einführen, um entspannt ins Bett zu gehen. Und nicht, wie gesagt, direkt vom Fernseher schlafen gehen. Das sind die Klassiker unter den Schlaftipps. Was sind gute Schlafrituale? Zum Beispiel die letzte Viertelstunde vor dem Einschlafen etwas Angenehmes lesen oder ruhige Musik hören. Wir entwickeln auch gerade eine App, wo man sich MeditationsPodcasts anhören kann – Muskelentspannung, Atmungsentspannung, Fantasiereisen. Man nimmt sich bewusst zehn Minuten zum Entspannen. Aktuell kann man das im Web unter kostenlos testen und mitmachen.
Darüber hinaus sollte man die Bettumgebung attraktiv gestalten: mit wenig Licht, wenig Lärm, eher kühle Temperaturen, eine Matratze, auf der man sich wohlfühlt. Das gelbe Licht, das man vom Babybett kennt, oder die Straßenbeleuchtung, die durchs Fenster kommt, ist für das Gehirn meist schon zu stark. Es hält uns latent wach. Müssen sogenannte Abendund Morgenmenschen unterschiedliche Dinge beachten? Da kann man wenig schrauben. Das ist genetisch programmiert. Das Problem ist, dass unser Tagesbeginn immer fix ist, egal ob ich Morgenoder Abendmensch bin. Praktisch alle Menschen fangen so zwischen sieben und neun Uhr zu arbeiten an. Das Einzige, das man als Abendmensch machen kann, ist, rechtzeitig ins Bett zu gehen, mit wenig Licht etwa. Da kann man sich einiges antrainieren. Kann man Schlaf am Wochenende nachholen? Das kann man, nicht den ganzen, aber einen kleinen Teil. Und das sollte man auch. Es gibt Studien, dass man regelrecht Lebensjahre verliert, wenn man kontinuierlich weniger als sieben Stunden schläft. Der Effekt ist noch einmal stärker, wenn man am Wochenende auch nicht ausreichend schläft. Also die Menschen, die behaupten, sie hätten mit fünf Stunden Schlaf genug, machen sich nur etwas vor? Ja. Wenn man diese Menschen in ein Labor ein, zwei Wochen lang einschließt, mit gleichem Licht und gleicher Temperatur, und sie so nicht wissen, wie spät es ist, schlafen sie alle nach einer Woche wesentlich länger und in diesem Schlafkorridor. Die Leute merken im Alltag oft nicht mehr, dass sie unter Schlafentzug leiden, weil sie so unter Druck stehen und sich das so über Jahre angeeignet haben. Aber der Körper würde das physiologisch von sich aus nicht so akzeptieren. Es sei denn, sie würden viele Mittagsschläfchen machen. Sind Mittagsschläfchen gut? Ja, das ist gut, solange man kein Schlafproblem in der Nacht hat. Dann nämlich sind Mittagsschläfchen verboten, weil man sich den Schlafdruck am Abend nimmt. Wenn Mittagsschlaf, dann ist es auch gut, ihn immer zur selben Zeit und mit gleicher Dauer zu machen, damit er funktioniert. Schichtarbeiter haben es besonders schwer mit regelmäßigem Schlaf. Was kann man ihnen raten? Länger in der gleichen Schicht zu bleiben ist auf jeden Fall hilfreich. Jede Woche die Schicht zu wechseln ist das Schlimmste, das man machen kann. Es dauert nämlich ungefähr eine Woche, bis man sich umgestellt hat, und dann muss man schon wieder wechseln. Ein monatlicher Wechsel ist deutlich besser.
Aber grundsätzlich müssen Schichtarbeiter noch bewusster mit Licht und den anderen Rahmenbedingungen vor dem Schlafengehen umgehen. So sollte man zum Beispiel in der Früh mit Sonnenbrille von der Arbeit heimfahren, um nicht zu viel Licht abzubekommen. Aber viele äußere Einflüsse lassen sich einfach nicht steuern. Das macht es schwierig, den Körper zu täuschen.
Mit Schichtarbeit sollte man vor allem im höheren Alter aufhören, wenn das möglich ist. Als junger Mensch kann man sich noch relativ leicht umstellen.
„Fünf Stunden Schlaf sind für alle zu wenig.“Manuel Schabus, Schlafforscher