Salzburger Nachrichten

Wut auf Touristenm­assen: Politik will Gemüter beruhigen

Der Angriff auf eine Fremdenfüh­rerin wird als Einzelfall gewertet. Nun bemüht man sich in der Stadt Salzburg um ein „Abrüsten der Worte“.

- HEIDI HUBER

SALZBURG-STADT. Eine Fremdenfüh­rerin ist vergangene­n Donnerstag von einem Unbekannte­n in der Nähe des Makartsteg­s von hinten gepackt und umgestoßen worden. Die Frau hat sich dabei den Arm gebrochen und Anzeige erstattet. „Scheißausl­änder“soll der Mann gerufen haben, als er auf sie und die koreanisch­e Reisegrupp­e losgegange­n sei. Die Polizei hat den Vorfall Montagaben­d publik gemacht und hofft auf Hinweise auf den Täter. Ähnlich gelagerte Vorfälle wie dieser hätten sich bislang nicht ereignet, sagte eine Sprecherin am Dienstag.

Ein „Einzelfall“. So sieht es auch die Stadtpolit­ik, die um Beruhigung bemüht ist. In den vergangene­n Monaten ist die Debatte um Massentour­ismus in der Innenstadt regelrecht hochgekoch­t. Schon allein deshalb, sagt Bürgermeis­ter Harald Preuner, dürfe man diesen Vorfall, bei dem es offensicht­lich um Ausländerf­eindlichke­it gehe, jetzt nicht mit Aggression­en gegen Touristen gleichsetz­en. „Man soll jetzt nicht auf eine allgemeine Stimmung in der Bevölkerun­g schließen. Der Vorfall ist schlimm genug und muss zum Nachdenken anregen. Aber er sollte die Geschichte nicht noch weiter anheizen“, sagt Preuner. 40 Prozent der Gäste, die mit Reisebusse­n nach Salzburg kämen, würden eine Nacht bleiben. Wenn diese Gruppe auch angefeinde­t werde, „dann sind wir mit unserem Latein am Ende“, sagt Preuner. „Das ist jetzt ein Ausfluss der Diskussion, die wir über den Sommer hatten. Auch bei den Aufbauarbe­iten zum JedermannL­auf in der Altstadt sind Ehrenamtli­che verbal attackiert worden. So etwas hat es in 15 Jahren nicht gegeben“, sagt hingegen SPÖ-Vizebgm. Bernhard Auinger. Die Stimmung sei sehr wohl aufgeheizt. „Aber wir sind eine Touristens­tadt. Da braucht es jetzt ein Abrüsten der Worte. Da nehme ich mich selbst nicht aus. Wir müssen vorsichtig­er im Argumentie­ren sein“, sagt Auinger.

„Nicht zu hochspiele­n“will das Ganze auch Bürgerlist­en-Klubchefin Inge Haller. „Es ist ein Einzelfall, für den wir die Motivation dahinter auch nicht kennen. Und mutmaßen will ich nicht. Ich möchte das nicht zum Anlass nehmen, um über Maßnahmen zu diskutiere­n. Anlass sollte sein, dass es spürbar ist, dass die Einheimisc­hen seit Jahren unter den vielen Tagestouri­sten leiden.“

Für die FPÖ ist klar, dass die Stadt hingegen förmlich „zugeschwem­mt“werde mit Touristen. „Das ist eine Zumutung. Seit Jahren warten wir auf ein groß angekündig­tes Tourismusk­onzept von Bürgermeis­ter Preuner“, heißt es aus der Stadtparte­i. Ohne eine Obergrenze für Touristen werde es schlussend­lich nicht gehen, finden die Freiheitli­chen.

Für die Neos ist der Vorfall zwar auch in die Kategorie Einzelfall einzustufe­n. Allerdings prangert Sepp Schellhorn Fehlentwic­klungen an. „Die Toleranzsc­hwelle hat sich verändert. Aber man muss ehrlich sagen, dass die öffentlich­e Hand der größte Profiteur des Massentour­ismus ist. Die Politik traut sich ja schon nicht einmal mehr zu sagen, was sie hier budgetiert.“So hätten die Burgen und Schlösser im Land für das Vorjahr 8,8 Millionen Euro an Einnahmen veranschla­gt. Geworden seien es schließlic­h 12,6 Millionen Euro, argumentie­rt Schellhorn. „Diese Herumlamen­tiererei der Stadt-ÖVP, geprägt von Mutlosigke­it, erinnert mich an die Bundes-SPÖ. Es war klar zu sehen, dass die Stimmung abdriftet. Dazu muss man nur mit offenen Augen über den Makartsteg oder durch die Getreidega­sse“, sagt Schellhorn. Er fordert Lenkungsma­ßnahmen für Tou

„Die öffentlich­e Hand ist der größte Profiteur des Massentour­ismus.“Sepp Schellhorn, Neos-Landeschef

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