Heime füllen Teller und halbieren Müll
Die städtischen Seniorenwohnheime haben den Müll ihrer Küchen von 73 Tonnen auf 36 reduziert. Das gelang auch, indem sich die Portionen veränderten. Hungern muss aber niemand. VIDEO
Acht Kartoffeln sind oft einfach zu viel, sagt Harald Terler. Wenn der Küchenchef des Seniorenwohnheims Itzling solche Portionen serviere, lande die Hälfte davon im Müll, sagt er. Und diesen zu vermeiden war das große Ziel der städtischen Seniorenwohnheime in den vergangenen drei Jahren. Wenn Terler Palatschinken für das Abendessen vorbereitet, weiß er ziemlich genau, wie viele die Bewohner essen werden. „Und wenn welche übrig bleiben, machen wir Frittatensuppe.“
73 Tonnen Müll produzierten die vier Küchen der sechs Wohnheime im Jahr 2016. Im Jahr 2018 waren es nur noch 36 Tonnen. Die Portionsgrößen zu verändern sei dabei nur ein Baustein gewesen, sagt Sanela Kurspahić, die das Projekt für die Stadt Salzburg geleitet hat. „Wir haben die Mengen angepasst. Die Kolleginnen und Kollegen vom Service waren da ganz wichtig: Die wissen genau, welcher Bewohner was will. Darauf haben wir uns eingestellt.“So gebe es jetzt fallweise statt acht nur drei Kartoffeln. Dafür kriegt jeder Nachschlag.
Essen sei in den Heimen durchaus ein heikles Thema, sagt Christoph Baumgärtner, Leiter der städtischen Seniorenwohnheime. Abgesehen von der ewigen Diskussion über die richtige Portionsgröße sei Mangelernährung ein großes Problem. „90 Prozent der Bewohner laufen Gefahr, mangelernährt zu sein. Dem kann man mit ganz strengen Essenszeiten begegnen. Wir machen das anders: Wir gehen auf die individuellen Bedürfnisse der Bewohner ein. Wenn jemand ein Essen nicht will, schauen unsere Alltagsbegleiter etwa, ob noch etwas vom Vortag da ist. Und wenn jemand zwischendurch etwas will, dann ist das kein Problem.“
Das klappt auch deshalb so gut, weil die Seniorenwohnheime in kleine Einheiten unterteilt sind. „Wir haben Wohngruppen zu je 18 Personen. Für die werden die einzelnen Komponenten des Essens vorbereitet und dann individuell ausgegeben.“Zudem gebe es in den Seniorenwohnheimen auch sogenannte Hausgemeinschaften. „Dort kochen die Bewohner mithilfe ihrer Alltagsbegleiterinnen selbst. Da haben wir nahezu gar keinen Abfall.“
Die Bewohner hälfen bei den Bemühungen zur Müllvermeidung intensiv mit, sagt Baumgärtner. „Das ist ja eine Generation, die es in ihrer Kindheit gelernt hat, nichts zu verschwenden. Die haben überhaupt kein Problem damit, wenn wir sagen: Heute gibt es einmal ein Resteessen.“
Essensbestellungen hat man in den Wohnheimen komplett gestrichen. „Wir haben zu 70 Prozent Bewohner, die demenziell erkrankt sind. Da gab es sehr oft Situationen, wo ein Schnitzel bestellt wurde. Beim Essen wollte der Bewohner dann aber unbedingt einen Kaiserschmarren.“
Jetzt geben die Bewohner am selben Tag an, was gewünscht ist. „Unsere Küchenchefs wissen mit ihrer Erfahrung, welche Gerichte stärker nachgefragt werden und welche weniger stark.“
Die Idee zum Projekt zur Müllvermeidung sei der ressortzuständigen Stadträtin Anja Hagenauer (SPÖ) beim Fernsehen gekommen, sagt sie. „Ich habe eine Dokumentation über eine Organisation
„Wo die Bewohner selbst kochen, bleibt nahezu kein Müll.“
gesehen, die Gastronomiebetriebe bei der Müllvermeidung berät. Wir haben dort angefragt, ob sie auch unsere Großküchen beraten können.“
Herausgekommen ist ein Projekt, das nun in der engen Auswahl für den Viktualiaaward des Umweltministeriums ist. Mit dem Preis werden Initiativen gegen Lebensmittelverschwendung prämiert. Und die Seniorenwohnheime seien mit ihren Bemühungen noch nicht am Ende, sagt Sanela Kurspahić. „Uns wurde noch 20 Prozent Einsparungspotenzial bescheinigt.“Geld spart die Stadt damit übrigens auch: 36.000 Euro im Jahr bleiben, weil weniger Essen weggeworfen wird.