Nach dem Deal ist vor dem Deal
In den europäischen Zeitungen wird das zwischen London und Brüssel ausgehandelte Abkommen durchwegs positiv bewertet. Aber mehr als ein Etappensieg wird dem britischen Premier Boris Johnson nicht zugestanden. Selbst beim positiven Szenario heißt es allerdings: Nach dem Deal ist vor dem Deal. Auf knapp 600 Seiten wurden bisher nur die Scheidungsmodalitäten festgelegt, ein regelrechtes bürokratisches Monster also. (...) Einiges deutet darauf hin, dass Johnson Großbritannien zu einem großen Singapur in der Nordsee machen will, also einem Steuerparadies mit niedrigen Sozial- und Umweltstandards. Tagesanzeiger, Zürich Sollte Boris Johnsons Austrittsabkommen im Parlament eine Mehrheit bekommen, gäbe es ein starkes Argument dafür, dass es dem Volk zur Bestätigung durch ein Referendum vorgelegt wird – mit der Option, auch für einen Verbleib in der EU zu stimmen. Für diesen Schritt beginnt sich eine politische Dynamik zu entfalten. Und Johnson könnte eine solche Abstimmung anbieten müssen, um sich eine parlamentarische Mehrheit zu sichern. Financial Times, London Die britischen Abgeordneten, die zuletzt zu allem Nein gesagt haben, verdanken Boris Johnson die letzte Chance, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Wenn sie sich erneut drücken, wird Großbritannien die EU am 31. Oktober ohne Abkommen verlassen. In jedem Fall wird sich „BoJo“vor den Wählern als derjenige präsentieren, der sein Brexit-Versprechen eingehalten hat. Le Figaro, Paris