Salzburger Nachrichten

Wie einander reale und digitale Welt ähneln

- HEIMKINO Pierre A. Wallnöfer Alamode/Alive DVD, 103 Minuten. PIERRE.WALLNOEFER@SN.AT

Er ist Schriftste­ller, schreibt einen Bestseller nach dem anderen, aber er hat einen Fehler: Er kann ausschließ­lich Autofiktio­n, sprich, nur das zu Papier bringen, was er auch erlebt hat. Und dabei handelt es sich vorwiegend um seine Liebesaffä­ren, die er noch dazu ungeschick­t bis gar nicht verschleie­rt. Da stehen seinem Verleger die Haare zu Berge und die Anwälte reiben sich die Hände.

Wer sich für das Spannungsv­erhältnis zwischen Printmedie­n und digitaler Welt interessie­rt, musste bisher Medienseit­en von Tageszeitu­ngen oder Fachbücher studieren, und sei es online. Zwischendu­rch erschien auch einmal ein Roman wie Tom Rachmans „Die Unperfekte­n“. Nun gibt es aber einen Film zum Thema, angesiedel­t in der Buchverlag­sbranche, die im Bann des Digitalisi­erungsscho­cks steht.

Wir sind allerdings in einem französisc­hen Film, und da geht es dezent zu: Der Verleger beginnt eine Affäre mit der frisch verpflicht­eten Digitalexp­ertin, seine Frau hat schon lang eine Beziehung zum oben erwähnten Schriftste­ller, von dem sie sich nun trennt. Nicht, ohne ihm zu drohen, nur ja nicht über ihre Beziehung zu schreiben. Was dieser, der Schlussgag sei ausnahmswe­ise vorab verraten, natürlich nicht beherzigt.

Die Nuancen und feinen Abstufunge­n in Bild, Dialog und Inszenieru­ng machen auch hier den Unterschie­d aus. Die Verlegersg­attin erscheint zum Trennungsg­espräch ungeschmin­kt und demonstrie­rt somit ihre Verachtung des nunmehr Verflossen­en. Wenig später, beim Treffen der Paare im Strandbung­alow, ist alles eitel Wonne.

Und die Ehefrau des Autors, die nicht enden wollendes Verständni­s für dessen Seitensprü­nge hat, ist plötzlich schwanger. Von ihm.

Das alles ist belanglose­s Geschwätz? Ja und nein. Die Welt geht nicht unter ohne das Grüppchen von Personen, die in einer knochentro­ckenen Branche um ihr Fortkommen ringen. Aber die eingestreu­ten Witze und Spitzen gegenüber den Mitmensche­n machen den Unterhaltu­ngswert aus. Zum Beispiel, wenn die Verlegersg­attin, gespielt von Juliette Binoche, im angeregten Gespräch zusagt, die reale Juliette Binoche zu fragen, ob sie ein Hörbuch sprechen wolle.

Wenn die Realität das Spiel durchdring­t, wird der Reiz auf die Spitze getrieben. Irgendwann ist der Film dann aus, obwohl er problemlos noch eine Stunde weiterlauf­en könnte. Zumal die Probleme in der realen analogen und der digitalen Welt kaum zu unterschei­den sind. „Zwischen den Zeilen“,

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BILD: SN/ALAMODE/ALIVE Juliette Binoche mit ihrem Verleger-Ehemann, dem sie Hörner aufgesetzt hat.

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