Die Fußballwelt hat auf Aktionismus wenig Antworten
Das darf es auf den Fußballplätzen nicht geben: Rassismus und Nazi-Grüße. Der Europäische Fußballverband zögert noch mit harten Strafen. Warum?
Der internationale Fußball ist wieder mit einem Phänomen konfrontiert worden, das die Verantwortlichen längst im Griff zu haben wähnten. Die jüngsten EM-Qualifikationsspiele haben wieder einmal die dunkle Seite des Fußballs gezeigt: Affenlaute gegen farbige Spieler und Hitlergruß beim Match Bulgarien – England waren ein nicht akzeptabler Auswuchs, der sich zunehmend in europäischen Stadien breitmacht. Auch wenn einige bulgarische Fans – wenn man sie überhaupt so nennen darf – nur wenige Tage später festgenommen wurden, das Problem wurde damit nicht an der Wurzel gepackt. Die angekündigten Strafen des Europäischen Fußballverbands UEFA wirken fast wie ein Hohn: 50.000 Euro und ein Geisterspiel ohne Zuschauer beim nächsten Heimspiel für Bulgarien schrecken wohl niemanden ab. Warum nicht ein Team aus einem laufenden Bewerb ausschließen? Die UEFA zögert noch und verschiebt eine Entscheidung auf Ende Oktober. Warum nur? Es wird weiter radikale Auftritte in den Stadien geben.
Die Öffentlichkeit wird für die eigene, oft unsinnige Denke, als Mittel zum Zweck, genutzt. Und da eignen sich Fußballplätze und das fußballerische Umfeld perfekt als Schauplatz vieler Absurditäten. Warum stellen sich beispielsweise türkische Nationalspieler nach einem erzielten Treffer hin und salutieren mit einem militärischen Gruß, um den Militäreinsatz ihres türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan gegen die Kurden in Nordsyrien gutzuheißen? Nachahmungstäter inklusive, denn der Salut-Jubel scheint im deutschen Fußball ein Fall für die Sportgerichte zu werden. Sogar in den unteren Spielklassen hat der von der UEFA untersuchte Vorfall im EM-Qualifikationsmatch der Türkei gegen Frankreich erste Nachahmer gefunden. Im Amateurbereich ermittelt der zuständige Verband im Kreis Recklinghausen nach Salut-Posen gegen SG Hillen, Genclikspor Recklinghausen und die zweite Mannschaft der DTSG Herten. In einem Fall handelt es sich um eine komplette Mannschaft, die die Salut-Pose zeigte und Unverständnis über angedrohte Geldstrafen und Punktabzug äußerte. „Wo bleibt die Meinungsfreiheit?“ist das Argument jener, die politische Symbole und Gesten auf einmal auf den Sportplätzen forcieren und damit um jeden Preis ein Zeichen setzen wollen.
Die UEFA ist nun zum raschen Handeln in all diesen sensiblen Bereichen aufgefordert. Das inkludiert auch die Forderung, das Champions-League-Finale 2020 in Istanbul dort nicht abzuhalten. Es braucht schnell eine Signalwirkung. Von den Nationalspielern abwärts zu den Clubspielern im sogenannten FußballUnterhaus, um Nachahmern, die gedankenlos und fanatisch ohne entsprechendes Hintergrundwissen Symbole und Gesten übernehmen, keine Bühne zu geben. Schon einmal haben Fußballer mit ihren positiven Bekundungen für eine viel kritisierte Politik für Aufsehen gesorgt: İlkay Gündoğan – der dieser Tage auch den militärischen Gruß der türkischen Spieler auf Instagram gelikt hat – und Mesut Özil haben mit ihrem Fototermin mit dem türkischen Kriegsherrn Erdoğan schon einmal gehörig danebengegriffen. Diskutiert wurde damals lange darüber, harte Sanktionen blieben aber aus. Vorbilder sehen anders aus.