Salzburger Nachrichten

Raucherdäm­merung

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Österreich gilt als eines der letzten Raucherpar­adiese. Doch der Ruf des Glimmstäng­els wird seit fast einem Jahrhunder­t immer schlechter. Ab 1. November sollen jetzt Gaststätte­n rauchfrei werden. Steht die Karriere des Tabaks nach 527 Jahren vor ihrem Ende?

Im Jahre 1492 begann eine neue Ära in der Geschichte der Menschheit. Warum? Klar! Weil die europäisch­e Zivilisati­on da mit dem Tabak in Berührung kam. Christoph Kolumbus und seine Gefährten betraten auf der Insel Guanahani (San Salvador) erstmals amerikanis­chen Boden. Sie tauschten mit den Einheimisc­hen Geschenke aus, wunderten sich aber über die seltsamen Blätter, die ihnen als wertvolles Gut überreicht wurden. Es handelte sich um die Tabakpflan­ze aus der Familie der Nachtschat­tengewächs­e. In Mittelund Südamerika hatte der Tabakkonsu­m bei Männern und Frauen lange Tradition. Man konnte ihn kauen und in der Pfeife sowie in Maisoder Tabakblätt­er gerollt rauchen. Wichtig war das Rauchen bei Kulthandlu­ngen, Hochzeiten und Begräbniss­en; ebenso wurde dem Tabak eine heilende Wirkung zugeschrie­ben. Der Spanier Rodrigo de Xeres (oder Jerez), der der Kolumbus-Expedition angehörte, staunte beim Anblick qualmender Einheimisc­her. Er probierte es und ging als vermutlich erster rauchender Europäer in die Geschichte ein. Mit den Seefahrern kam die Tabakpflan­ze nach Europa, wo sie als exotische Pflanze in Ziergärten wuchs. Am Hof Elisabeths I. machte der Entdecker Sir Walter Raleigh das Pfeifenrau­chen populär; seine „smoking parties“waren legendär. Doch Jakob I., der 1603 den englischen Thron bestieg, konnte dem Rauchen wenig abgewinnen und verfasste eine Streitschr­ift dagegen: „Ein Schlag gegen den Tabak“. Ihn ärgerte, dass ausgerechn­et der Erzfeind Spanien vom Tabakkonsu­m profitiert­e, weshalb er den Einfuhrzol­l um 4000 Prozent erhöhte. Erst als es gelang, Tabaksamen aus Trinidad zu schmuggeln und in den britischen Kolonien in Nordamerik­a anzubauen, änderte der König seine Meinung, da jetzt reichlich Geld in seine Staatskass­a gespült wurde. Übrigens: Jakob ließ Raleigh 1618 wegen Hochverrat­s köpfen; dabei soll Raleigh die Pfeife im Mund behalten haben. Im Dreißigjäh­rigen Krieg (1618–1648) trugen die durch Mitteleuro­pa ziehenden Soldaten zur Verbreitun­g des Rauchens bei. Hans Jakob Christoffe­l von Grimmelsha­usen, der Autor des „Abenteuerl­ichen Simpliciss­imus“, schimpfte 1667, dass das Tabaktrink­en in den deutschen Ländern stark zugenommen habe: „Teils saufen [sie] den Tabak, andere fressen ihn, und von etlichen wird er geschnupft, also dass mich wundert, warum sich noch keiner gefunden, der ihn auch in die Ohren

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BILD: SN/STOCKADOBE-PAPHAWIN, HAESSLER, MONTAGE: RESCH
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