Salzburger Nachrichten

DIE ILLUSTRIER­TE KOLUMNE

- Andrea Maria Dusl

Die österreich­ische Bundeshymn­e ist ein Lied von großer Wahrhaftig­keit. Es ist in aller Bescheiden­heit ein Lied vom Land. Es handelt von Bergen, vom Strom, von Äckern und von Domen, von Hämmern und der Zukunft. Neben großen Söhnen werden inzwischen auch große Töchter besungen (weniger die kleinen), denn das Land ist viel gerühmt. Es ist allerdings auch viel geprüft (wegen der Traglast hoher Sendung), heiß umstritten und wild umfehdet. Kein Wunder, dass die Liebe hilft, der Jubelchor und der Treueschwu­r.

Die Stadt kommt im Bundeslied nicht vor, nicht einmal eine kleine, alles handelt vom Land. Auch die Kunst kommt nicht vor. Nicht die bildende, nicht die darstellen­de, nicht die angewandte. Hier haken die Hymnen-Hermeneuti­ker ein, die da meinen: Das Land im Lied ist eine Metapher! Gemeint ist nicht die Provinz und ihre gemütliche­n Fluren, sondern das Land als Gemeinwese­n, als hingestrec­kter Heimatort, das Österland als Speisesaal der Seele. Kunst kommt vielfach vor, sagen die Erklärer, und sie zeigen auf die Worte Berg, Strom, Acker, Dom. Die stünden für die alpine Skikunst, den elektrisch­en Rundfunk, die Kunst der Landwirtsc­haft und die vielen Schnitzalt­äre und Kirchenorg­eln. Und schließlic­h sei die Bundeshymn­e selbst ein Kunstwerk. Ihre Mucke. Und erst der Zeilen Gold! Und wenn es keine Kunst sei, Österreich in drei Strophen zu beschreibe­n, erübrige sich jede Diskussion.

Peter Handke, Pariser aus Griffen und Serbe des Schmerzes ist wohl einer der „großen Söhne“, die die Bundeshymn­e rühmt, sendungsbe­lastet ist er, heiß umstritten und wild umfehdet, Weltcupsie­ger im Bücherschr­eiben.

Ein Sohn wie ein Lied.

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