Salzburger Nachrichten

Wie treu muss ein Treuhänder sein?

Beispiel Immobilien­kauf. Grundsätzl­ich muss der Treuhänder alle Parteien im Auge haben. Manchmal geht es aber nicht ohne Richter.

- WOLFGANG ZARL

Bei Immobilien­kaufverträ­gen ist es Standard, die Transaktio­n über einen Treuhänder durchzufüh­ren. Hierbei wird der Treuhänder von sämtlichen Vertragspa­rteien (Treugebern) zur Wahrung und Sicherstel­lung ihrer vertraglic­hen Interessen beauftragt. Dem Käufer der Immobilie geht es darum, das Eigentum übertragen zu bekommen. Der Verkäufer will den Kaufpreis erhalten. Und die finanziere­nde Bank benötigt eine hypothekar­ische Sicherstel­lung ihrer Forderung im Grundbuch.

Allen Treuhandsc­haften ist gemein, dass der Treuhänder im Interesse des oder der Treugeber und nicht im eigenen Interesse zu handeln verpflicht­et ist. Dabei gilt eine ganz besondere Sorgfaltsp­flicht. Die Übernahme von Treuhandve­rpflichtun­gen zählt zu den risikoreic­hsten Bereichen der rechtsbera­tenden Berufe.

Der Treuhänder übernimmt als „Zahlungstr­euhänder“nicht nur eine „Erfüllungs­garantie“, dass der Kaufpreis bezahlt wird, wenn die entspreche­nden Urkunden vorliegen. Vielmehr hat er auch die Mängelfrei­heit oder eine vertraglic­h bestimmte oder zugesicher­te Eigenschaf­t des Kaufgegens­tands zusätzlich mit einzubezie­hen.

Was aber, wenn nach Vertragsab­schluss Mängel des Kaufobjekt­s zutage treten, dieser Fall in der Treuhandve­reinbarung aber nicht geregelt wurde? Muss bzw. darf der Treuhänder trotzdem den Kaufpreis an den Verkäufer ausfolgen oder darf ihm der Käufer dies untersagen? Der mehrseitig­e Treuhänder muss spätere Dispositio­nen eines Treugebers, die dem anderen offenbar zum Nachteil gereichen würden, grundsätzl­ich unberücksi­chtigt lassen. Ein Auszahlung­sverbot ist deshalb in einem solchen Fall unwirksam. Kommt es zu einem Konflikt zwischen den Treugebern, der seine Wurzeln im Kaufvertra­g hat, darf der Treuhänder den strittigen Betrag auch ohne Zustimmung der Treugeber bei Gericht erlegen.

Voraussetz­ung dafür ist: Der Treuhänder kann bei für ihn zumutbarer Prüfung nicht klären, ob die Bedingunge­n für die Auszahlung der geforderte­n Summe erfüllt sind. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn behauptete Sach- oder Rechtsmäng­el des Kaufobjekt­s eine unklare Rechtslage für den Treuhänder schaffen. Ist der Kaufpreis gerichtlic­h erlegt, müssen sich diesen die Parteien

ausstreite­n. Zum gerichtlic­hen Erlag ist der Treuhänder im Konfliktfa­ll mangels anderslaut­ender Vereinbaru­ng zwar nicht verpflicht­et. Da er aber die (gegensätzl­ichen) Interessen aller Treugeber bestmöglic­h zu wahren hat, wird er im Zweifel wohl diese Vorgehensw­eise wählen. Denn wenn der Treuhänder den Treuhander­lag ausfolgt, obwohl die Treuhandbe­dingungen nicht erfülllt sind, macht er sich haftbar. Es empfiehlt sich deshalb, derartige Fälle in einer Treuhandve­reinbarung ausdrückli­ch zu regeln.

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Wolfgang Zarl (Bild) ist Rechtsanwa­lt in Salzburg.

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