Salzburger Nachrichten

Segeln bei Windstärke 6

- SYLVIA.WOERGETTER@SN.AT

Österreich­s EU-Kommissar Johannes Hahn beschrieb in den vergangene­n Monaten den Zustand der EU gern mit einem Begriff aus der Schifffahr­t: „Wir segeln bei Windstärke 6.“

Das ist nach der BeaufortSk­ala noch lange kein Sturm, aber es herrschen Bedingunge­n, bei denen Ungeübten schon mulmig werden kann.

Der Vergleich ist treffend gewählt. Im vergangene­n Jahr steuerte die Union tatsächlic­h durch unruhige See. Der Brexit, der drei Mal verschoben werden musste und noch immer nicht vollzogen ist; die Auseinande­rsetzungen mit Ungarn, Polen und Rumänien um rechtsstaa­tliche Standards; die Wahl des EU-Parlaments und die folgenden Konflikte um die Besetzung der EU-Spitzenjob­s.

Möglicherw­eise wird die Stimmung auf dem Schiff unter der blauen Flagge mit den zwölf Sternen im kommenden Jahr ein bisschen entspannte­r. Wenn das schwierige Crewmitgli­ed Großbritan­nien tatsächlic­h Ende Jänner von Bord geht, können die verbleiben­den 27 mit einem internen Störfaktor weniger weitersege­ln.

Die äußeren Bedingunge­n aber bleiben herausford­ernd: eine sich abkühlende Wirtschaft, das drängende Problem der Klimakrise, Verteilung­sfragen im Zuge der Budgeterst­ellung und dazu Überraschu­ngen, die Trump, Putin & Co. für die Europäer bereithalt­en.

Die See wird weiter rau sein. Aber die EU hat bereits Windstärke 9 und den Sturm der Eurokrise überstande­n. Und solch mieses Wetter ist für 2020 gottlob nicht in Sicht.

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Sylvia Wörgetter

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