In der Peepshow ist nicht nur nacktes Staunen erlaubt
Bei der letzten Premiere des Winterfests spielt die australische Compagnie Circa akrobatisch mit Erwartungshaltungen.
SALZBURG. Eine Peepshow ist nur scheinbar ein Ort der Verführung. Eine Glasscheibe trennt die Schmachtenden von den Angeschmachteten. Jedes Begehren endet da früher oder später in jener Melancholie, die einst die Spider Murphy Gang in einem alten Hit besungen hat. „Ja, ich möchte dich so gern berühren, und dich in meinem Appartement verführen“, heißt es da im Refrain: „Doch viel zu kurz ist das Minutenglück, und ich muss wieder auf die Straße zurück.“In der „Peepshow“, die seit Freitagabend im Salzburger Volksgarten geöffnet hat, werden Trennscheiben und Spiegel nur pantomimisch angedeutet. Um ein Wechselspiel zwischen Betrachten und Betrachtetwerden, zwischen Erwartung und ihrer geschickten Täuschung geht es in der Produktion der australischen Compagnie Circa, die als letzte Premiere beim diesjährigen Winterfest zu sehen ist, dennoch. Wie in einem Cabaret treten die sieben Akteurinnen und Akteure vor einen schummrigen Glitzervorhang, über dem in Neonschrift der Stücktitel „Peepshow“leuchtet. Die körperlichen Reize, mit denen sie zu spielen beginnen, entsprechen freilich ganz der Etikette des zeitgenössischen Circus: Virtuose Akrobatik und immense Körperbeherrschung regieren in den Soli und in den Ensembleszenen. Auf eine aufwendige Circusmaschinerie verzichtet das Septett. Umso mehr fiebert das Publikum mit, wenn sich die Akrobaten wechselseitig durch die Luft wirbeln, einen Spagat auf den Köpfen von zwei Kollegen vollführen, Reifen am Körper rotieren lassen, mit Ziegeln jonglieren oder am Seil (sowie an von der Decke hängenden Tüchern) scheinbar genauso mühelos nach oben wie nach unten gleiten. Während von der Leuchtschrift im Hintergrund manchmal Buchstaben ausfallen und von der „Peepshow“nur mehr die „Show“bleibt, ist die Musik meist für die Sex-Assoziationen zuständig. Zu „Venus in Furs“, einer Ballade mit „50 Shades of Grey“-Gehalt, wird auf einer verhüllten, schwarzen Menschenpyramide getanzt. Frivoler geht es in einer Stripteasenummer zu, bei der die Hände der anderen Akrobaten eine Kollegin davor schützen, oben ohne dazustehen. Dann wird ein Zuschauer auf die Bühne geholt, um selbst Hand anzulegen. Aber auch er entpuppt sich schnell als akrobatisches Mitglied der Truppe.
Im zweiten, etwas lichtshowlastigeren Teil der 80-minütigen Show gibt es das Können der Akteure in verdichteter, teils auch wiederholter Form zu sehen. Das Festhaltenwollen und das Loslassenmüssen, ein durchgehendes Thema des Stücks, zeigen die Mitglieder von Circa da noch einmal in rasanten Schleuderübungen. Der Ausklang allerdings passiert langsam, fast meditativ. Zu einer besinnlichen Version des Eurythmics-Hits „Sweet Dreams Are Made Of This“bewegen sich die Akrobaten fast in Zeitlupe: Die Peepshow ist eben doch ein Ort der Melancholie.
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