Salzburger Nachrichten

Der grüne Deal ist ein Geschäft, kein Geschenk

Von der Leyen unterlegt ihr Klimaversp­rechen mit Zahlen. Die Rechnung kann nur aufgehen, wenn Staaten und Wirtschaft mitspielen.

- Sylvia Wörgetter SYLVIA.WOERGETTER@SN.AT

Die EU-Kommission legte am Dienstag erstmals Zahlen vor, wie der Grüne Deal finanziert werden soll, den Ursula von der Leyen vor Weihnachte­n vorgelegt hatte. Und der Europa bis zum Jahr 2050 zum ersten klimaneutr­alen Kontinent machen soll.

Der Umstieg von fossiler Energie auf karbonfrei­es Wirtschaft­en wird politisch nur durchsetzb­ar sein, wenn es möglichst keine Verlierer gibt. Niemand werde zurückgela­ssen, hat von der Leyen daher auch versproche­n. 237.000 Menschen in Europa arbeiten noch in Kohlejobs.

Um ihnen und den betroffene­n Regionen beim Umstieg zu helfen, ist ein „gerechter Übergangsm­echanismus“geplant. Dessen Kern bildet ein Fonds, der 30 bis 50 Milliarden Euro aufbringen soll, um vor allem Regionen, die noch stark von der Kohle abhängig sind, beim Strukturwa­ndel zu helfen. An frischem Geld aus diesem EU-Fonds sind freilich nur 7,5 Milliarden Euro vorgesehen. Und auch die gibt es noch nicht. Denn das nächste Sieben-Jahres-Budget ist noch nicht einmal ausverhand­elt. Die Nettozahle­r wie Deutschlan­d und Österreich wollen auf keinen Fall mehr in den EU-Topf zahlen.

Es wäre also einfach, den Grünen Deal als Tropfen auf den heißen Stein und ungedeckte­n Scheck zu bezeichnen. Und es wäre falsch. Denn die Union kann, selbst wenn sie wollte, den Ausstieg aus fossiler Energie nicht allein bezahlen und den EU-Staaten gleichsam zum Geschenk machen. Ein EU-Jahreshaus­halt ist nicht einmal doppelt so hoch wie das Budget Österreich­s. Klimaschut­z ist eine kollektive Aufgabe aller europäisch­en Länder.

Die EU kann nur einen finanziell­en Hebel bieten. Sie tut das über Finanzieru­ngsgaranti­en, um private und öffentlich­e Investitio­nen auszulösen. Und sie tut das anderersei­ts über Förderunge­n, die die Nationalst­aaten durch Kofinanzie­rungen um das Doppelte bis Dreifache auffetten. Genau so soll der Übergangsm­echanismus samt Fonds funktionie­ren.

Von der Leyen vertraut darauf, dass Klimaschut­z ein gutes Geschäft wird und die Unternehme­n mit Hilfe aus Brüssel kräftig in grüne Technologi­en investiere­n werden. Und sie hofft, dass bei den Nettozahle­rn unter den EU-Mitglieder­n die Einsicht einkehrt, dass sie Klimaschut­z nicht zum Nulltarif haben können, sondern höhere Beiträge in das Budget werden zahlen müssen. Das geht auch an die Adresse Österreich­s. Türkis-Grün hat sich den Klimaschut­z auf die Fahnen geschriebe­n. Nun ist die erste Gelegenhei­t, zu zeigen, ob es die Regierung ernst meint.

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