Der FDP-Chef muss vor Hamburg zittern
Die Wahlen in der Hansestadt könnten für Christian Lindner schicksalhaft werden.
BERLIN. Lang hatte es nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und den Grünen ausgesehen. Doch kurz vor der Wahl prophezeit das nur noch eine einzige Umfrage. Alle anderen sehen die Sozialdemokraten mit bis zu 39 Prozent deutlich vor der Öko-Partei mit maximal 24 Prozent. Damit kann die geplagte SPD endlich wieder einmal einen Erfolg feiern und als Wahlsieger aus dem Rennen hervorgehen. Auch wenn sie Federn lassen muss: Vor fünf Jahren hatte der heutige Finanzminister Olaf Scholz noch 45,6 Prozent in der Hansestadt erzielt.
Als Sieger dürfen sich am Sonntag dann wohl auch die beiden sowohl von den Medien als auch innerparteilich als schwach wahrgenommenen Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans fühlen. Bezeichnend ist, dass die Hamburger SPD sie gänzlich aus ihrem Wahlkampf herausgehalten hat. Nach dem prophezeiten Ergebnis dürfte die amtierende rot-grüne Koalition ihre Arbeit fortsetzen, auch wenn die Grünen im Wahlkampf versucht haben, eine Finanzaffäre für sich zu instrumentalisieren. Doch der Skandal hat sich inzwischen als Sturm im Wasserglas entpuppt.
Die Grünen werden ihr letztes Resultat von 12,3 Prozent wohl knapp verdoppeln. Doch für den ersten Platz und für eine grüne Regierungschefin wird es nicht reichen. Bisher stellen die Grünen einen Ministerpräsidenten, nämlich
Winfried Kretschmann
Die große Frage ist, wie sehr sich die Ereignisse in Thüringen auf die Hamburger Wahl auswirken. Sicher ist, dass die FDP wieder einmal um den Wiedereinzug bangen muss, der ihr vor fünf Jahren geglückt war und der den Auftakt zu einer Erfolgsserie bis zum Wiedereinzug in den Bundestag 2017 darstellte. Bei einem Scheitern dürfte der Stuhl von Parteichef Christian Lindner noch mehr wackeln, aber vermutlich immer noch nicht umfallen. Es bietet sich kein Nachfolger an.
Die CDU wird voraussichtlich nur noch zwölf Prozent erzielen, nach 15,9 Prozent 2015. Aber Hamburg ist eine SPD-Hochburg. In den letzten 60 Jahren stellte die SPD 50 Jahre den Bürgermeister. in
BadenWürttemberg.
Am Montag wird die Hamburger CDU wohl den mangelnden Rückenwind aus Berlin für das schlechte Abschneiden verantwortlich machen. Nach ihrer Rücktrittsankündigung hat CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer massiv an Autorität verloren. Mit Spannung wird erwartet, welches Prozedere, mit dem sie die Nachfolgefrage „von vorn“begleiten will, sie am Montag vorstellen wird
Für die rechtsextremistische AfD ist Westdeutschland ein schwieriges Pflaster. Während sie im Osten scheinbar mühelos die 20er-Marke überspringt, hat sie in sechs Westländern gerade einmal die FünfProzent-Hürde geschafft. Im weltoffenen Hamburg liegt sie derzeit bei fünf bis sieben Prozent nach zuletzt 6,1 Prozent.