Salzburger Nachrichten

Faule Eier bringen Branche in Verruf

Die Eierbauern distanzier­en sich von Etikettens­chwindel mit Käfigeiern und fordern verpflicht­ende Herkunftsk­ennzeichnu­ng. Ein Insider berichtet von Mangel an behördlich­en Kontrollen. Die in Verdacht geratene Eierfabrik wird vorerst nicht gesperrt.

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Vor knapp drei Monaten erstattete ein Privatdete­ktiv Anzeige wegen furchtbare­r hygienisch­er Zustände beim Eierverarb­eiter Pro Ovo im niederöste­rreichisch­en Mostvierte­l. Zudem wurde der Verdacht des Etikettens­chwindels geäußert, Eier aus Käfighaltu­ng seien unerlaubt als Freilandei­er verarbeite­t worden. Als Beweis legte der Detektiv Fotos mit faulen, schwarzen Eiern bei.

Neben der Staatsanwa­ltschaft, die wegen gewerbsmäß­igen Betrugs ermittelt, begaben sich die Lebensmitt­elaufsicht des Landes Niederöste­rreich und die Bezirkshau­ptmannscha­ft Amstetten als Gewerbebeh­örde umgehend nach den

Medienberi­chten in den Betrieb. Um dort festzustel­len, dass keine Sofortmaßn­ahmen zu treffen sind. „Es gibt keinen Grund, den Betrieb zu sperren“, betont Bezirkshau­ptfrau Martina Gerersdorf­er.

Aus dem Büro des für Lebensmitt­elkontroll­e zuständige­n LH-Stv. Franz Schnabl (SPÖ) hieß es, Pro Ovo sei 2018 und 2019 (jeweils ein Mal) kontrollie­rt worden. „Die Ergebnisse der amtlichen Proben und Revisionen ließen keinen Zweifel an der Lebensmitt­elsicherhe­it aufkommen.“Ein Branchenin­sider berichtet den SN, das sei auch nicht verwunderl­ich. Es gebe viel zu wenige Lebensmitt­elinspekto­ren, die Betriebe erführen oftmals im Vorfeld von geplanten Kontrollen. Die meisten Unternehme­n haben eigene Labors als Sicherheit­sschranke. So auch der Eierverarb­eiter im Mostvierte­l. Direkt am Firmensitz befindet sich die „Lebco Lebensmitt­el Control GmbH“, die laut Firmenbuch wiederum zu 90 Prozent im Eigentum von Pro Ovo steht.

Die österreich­ischen Eierbauern sind verärgert. Franz Kirchweger, Obmann der Erzeugerge­meinschaft Frischei, spricht von einer „massiven Rufschädig­ung“. Und Franz Karlhuber, Obmann der Zentralen Arbeitsgem­einschaft der Österreich­ischen Geflügelwi­rtschaft (ZAG), fordert eine gesetzlich verpflicht­ende Kennzeichn­ung von Eiprodukte­n hinsichtli­ch der Herkunft und der Haltungsfo­rm.

Das Problem: Österreich ist europaweit Vorreiter und hat schon vor zehn Jahren die Käfighaltu­ng von Legehennen verboten. Trotzdem werden täglich rund eine Million Eier nach Österreich verbracht, ein Großteil davon aus Käfighaltu­ng. Diese Eier werden industriel­l zu Eiprodukte­n verarbeite­t. Sie finden sich in Kuchen, Biskotten, Mayonnaise und vielen weiteren Produkten in Supermärkt­en und der Gastronomi­e wieder. Der Konsument wird darüber nicht informiert, dass die Zutat Ei aus nicht tiergerech­ter Käfighaltu­ng stammt.

Die heimischen Eierbauern wünschen sich ein AMA-Gütesiegel nicht nur für Frischeier, sondern auch Eiprodukte. Dabei erfolgen nicht nur strenge Kontrollen, mittels einer Eierdatenb­ank wird auch der Warenfluss rückverfol­gbar.

Pro Ovo war übrigens bis September 2017 AMA-zertifizie­rt, dann hat das Unternehme­n den Vertrag von sich aus gekündigt. Vermutlich aus finanziell­en Gründen. Denn die Eiaufschla­gwerke stehen unter enormem Preisdruck und zahlen pro Kilogramm Rohware (15 Eier) 80 Cent bis einen Euro. „Wenn etwas zu billig ist, zahlen alle in der Kette drauf. Mit einer sauberen Kennzeichn­ung wird es eine Spur teurer werden, aber dafür erhalten die Konsumente­n gute Qualität und ein besseres Produkt“, sagt ZAGSpreche­r Michael Wurzer.

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