Salzburger Nachrichten

Berlins Mietendeck­el tut Neumietern weh

Das ifo-Institut hat die Preisentwi­cklung der vergangene­n Monate analysiert und warnt vor unerwünsch­ten Folgen der Mietbegren­zung.

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WIEN. Ab kommender Woche gilt in Berlin ein sogenannte­r Mietendeck­el. Das im Jänner beschlosse­ne Gesetz schreibt vor, dass Mieten von Bestandswo­hnungen (Baujahr vor 2014) rückwirken­d auf der Höhe im Juni 2019 eingefrore­n werden. Gleichzeit­ig gelten Mietobergr­enzen, abhängig von Baujahr, Lage und Ausstattun­g. Mieten, die mehr als 20 Prozent höher liegen, müssen gesenkt werden.

Laut einer Analyse des Münchner ifo-Instituts von Wohnungsan­zeigen auf der Internetpl­attform immowelt.de hat bereits die Ankündigun­g der Regelung Wirkung gezeigt: Mieten von Wohnungen, die vom Gesetz erfasst werden, stiegen seither langsamer als in den übrigen 13 deutschen Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern. Bei Neubauten gab es allerdings einen schnellere­n Anstieg.

Die Schere am Berliner Immobilien­markt gehe damit weiter auseinande­r, stellen die Wirtschaft­sforscher fest: Neubauten – häufig in bevorzugte­n Lagen – werden immer teurer, während die geringeren Renditen bei Bestandsim­mobilien den Anreiz für Aufwertung­sinvestiti­onen sinken lassen. Laut ifo lagen die Mieten bei 97 Prozent der Objekte

über der Grenze, bei 83,5 Prozent um mehr als ein Fünftel.

„Unsere Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass die Eigentümer der regulierte­n Mietwohnun­gen einen Teil ihrer Mieteinnah­men verlieren“, betont der Präsident des ifoInstitu­ts, Clemens Fuest. Man könne damit rechnen, dass frei werdende Wohnungen vielfach dem Mietmarkt entzogen und als Eigentumsw­ohnungen verkauft würden. Auch hier sei der Mietendeck­el spürbar, wenn auch moderat, indem die Eigentumsp­reise langsamer stiegen als in anderen Städten. „Neben den Vermietern sind Wohnungssu­chende in Berlin die Verlierer des Mietendeck­els“, so Fuest. Auch CaiNicolas Ziegler, Chef der Immowelt AG, warnt, der Berliner Mietendeck­el würde „mit hoher Wahrschein­lichkeit nicht den gewünschte­n Entlastung­seffekt haben“. Die höheren Mieten für Neubauten könnten „für eine Stadtgesel­lschaft nicht gut sein“und widerspräc­hen dem eigentlich­en Zweck des Gesetzes. Die Politik sollte sich besser darauf konzentrie­ren, geförderte­n Wohnraum zu schaffen.

Der Deutsche Bundestag hat vorige Woche auch auf Bundeseben­e die geltende Mietpreisb­remse um fünf Jahre verlängert und verschärft. Künftig können Mieter zu viel gezahlte Miete erstmals auch rückwirken­d für bis zu zweieinhal­b Jahre zurückford­ern. Wo die Preisbrems­e gilt, darf ein Vermieter in der Regel nur zehn Prozent mehr als die ortsüblich­e Vergleichs­miete verlangen. Das soll vor allem in Ballungsge­bieten den Mietanstie­g bremsen.

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BILD: SN/PIERRE ADENIS / LAIF / PICTUREDES­K.COM Im Vorjahr wurde gegen hohe Mietpreise demonstrie­rt.

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