Kein Plan bei Agrar-Gütesiegel
Konsumenten verlassen sich beim Einkaufen und Essen gern auf Qualitätssiegel. Doch nur die wenigsten unterliegen strengen Kontrollen und klaren Standards, kritisiert der Rechnungshof.
Der Rechnungshof kritisiert in einem am Freitag veröffentlichten Bericht die fehlende Transparenz bei den rund 100 Qualitätszeichen für Lebensmittel sowie unzureichende Strategien gegen mögliche Irreführung und Täuschung von Konsumenten in Österreich. Konkret wurde der Umgang des Landwirtschaftsministeriums, der Agrarmarkt Austria (AMA) sowie Niederösterreich und Oberösterreich mit solchen Kennzeichen zwischen 2014 und 2018 geprüft.
Nur die wenigsten Kennzeichen – konkret das AMA-Gütesiegel, das AMA-Biosiegel sowie die EU-Ursprungsregeln und EU-Biozeichen – basieren auf Gesetzen oder Verordnungen, so die Prüfer. Bei den übrigen handle es sich meist um privatrechtliche, freiwillige Auszeichnungen, hinter denen mitunter unkoordinierte öffentliche Initiativen stünden. Als Beispiel wird die bundesweite Initiative „Genussregion Österreich“zur Vermarktung regionaler landwirtschaftlicher Produkte genannt. 107 Genussregionen hätten von 2007 bis 2017 27 Millionen Euro Steuergeld bekommen, „ohne dass sie an quantifizierbare Ziele geknüpft oder mit anderen ähnlichen Aktivitäten wie ,Gutes vom Bauernhof‘ abgestimmt waren“. Ähnliche Koordinierungsprobleme sehen die Prüfer bei den Siegeln für die Gastronomie.
Seit 2009 hänge der Schutz der Konsumenten vor Irreführung oder Täuschung bei diesen Qualitätszeichen von der Lebensmittelaufsicht sowie entsprechenden Strafen bei Verstößen ab. Das für Konsumentenschutz zuständige Sozialministerium koordiniere zwar die Kontrollen, verbindliche Vorgaben betreffend Täuschung fehlten aber, ebenso wie Mindestanforderungen für privat initiierte Qualitätszeichen, kritisieren die Prüfer.
Für Verbraucher sei „nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand nachvollziehbar, unter welchen Voraussetzungen diese Zeichen vergeben werden und wer sie überprüft“, bemängelt der Rechnungshof. Das Landwirtschaftsministerium
sollte daher „eine verbindliche Gesamtstrategie, an der sich sämtliche kulinarische Aktivitäten künftig orientieren sollen, ehestmöglich freigeben“, lautet die Empfehlung. Zudem sollten Mindestanforderungen für Logos und Siegel definiert werden, an denen sich Kontrollore orientieren sollen.
Auch auf EU-Ebene fehle eine „gesamthafte Strategie Österreichs, ob heimische Produkte unter Schutz gestellt werden sollen“, so der RH. Nur 17 österreichische Produkte stehen unter besonderem Schutz, darunter Wachauer Marillen, Tiroler Graukäse oder Gailtaler Speck. Von 1429 Einträgen im EURegister waren nur 1,2 Prozent aus Österreich. Die Hälfte kam aus Italien, Frankreich und Spanien.